LESERINNENBRIEFE
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Echt witzige Schlagzeile

■ betr.: „Türkische Regierung tritt zurück“, taz vom 16. 5. 14

Als ich die Schlagzeile „Die türkische Regierung tritt zurück“ sah und die beiden Bilder darunter, war doch sofort klar, dass das Wort „zurücktreten“ wörtlich gemeint war. Ich dachte „endlich mal wieder eine echt witzige Schlagzeile in der taz.“ Man kann solche Witze mögen oder nicht, aber die hier gemeinte Bedeutung des Wortes „zurücktreten“ ist so offensichtlich, dass man wirklich nicht von einer Verletzung journalistischer Sorgfalt sprechen kann. Journalistisch korrekt ist daran sogar, dass die Brutalität der derzeitigen türkischen Regierung gezeigt wird. Also, von mir aus könnt ihr so etwas gern öfter machen. LINDE PETERS, München

Willkommener Aufwecker

■ betr.: „Todsünde journalistischer Arbeit“, Leserinnenbrief, taz vom 19. 5. 14

Lesen Sie die taz regelmäßig? Falls dies zutrifft, dürfte Ihnen nicht entgangen sein, wie gerade die tageszeitung mit Titelbild und Schlagzeile oft einen Sachverhalt ironisch zuspitzt. Die hier gewählte Formulierung spielt mit den Erwartungen der Leserin. Sie ist kein „Scoop“, sondern beschreibt nur im Wortsinn die im Titelbild illustrierten menschenverachtenden Tatsachen.

Danke taz für diese immer wieder willkommenen Aufwecker.

FLORIAN BOSSE, Göttingen

Eine Schule für alle

■ betr.: „Keine Unterstützung für Henri“, taz vom 19. 5. 14

Es ist Henri zu wünschen, dass er weiterhin mit seinen Freunden auf eine Schule in Wohnortnähe gehen darf. Doch was ist mit dem Kind, das zwar nicht behindert ist, jedoch als einziges jeden Morgen in die viele Kilometer weit entfernte Hauptschule fahren muss, obwohl alle anderen Kinder aus seiner Klasse auf das Gymnasium oder die Realschule in der Nähe gewechselt haben? Dieses Kind hat genau dasselbe Problem und wäre wohl ebenfalls an einer anderen Schule besser aufgehoben. Inklusion bedeutet, dass keine Grenzen zwischen behindert und nicht behindert gezogen werden. Es beinhaltet, dass jedes Kind in seiner Umgebung entsprechend seiner Fähigkeiten gefördert wird, auch wenn sich diese nicht mit denen der anderen Schüler decken. Dieser Gedanke widerspricht leider völlig dem Prinzip des dreigliedrigen Schulsystems, und in einem Gymnasium ist, ohne das System zu untergraben, logischerweise nur die Integration körperbehinderter Schüler möglich. Allen Eltern, denen die Inklusion eine Herzensangelegenheit ist, bleibt daher nur, diesem Schulsystem eine Absage erteilen und ihre Kinder, egal wie begabt oder behindert sie sind, möglichst an einer Schule für alle, zum Beispiel einer Gesamtschule, anzumelden. KATRIN SCHÜPPEL, Essen

Gesellschaft behindert

■ betr.: „Keine Unterstützung für Henri“, taz vom 19. 5. 14

Ein kind mit down-syndrom wie henri ist überall fehl am platz, da es durch unsere gesellschaft behindert wird. Man missachtet seine rechte, man integriert es nicht, dazu gibt es angeblich keine möglichkeiten. Da muss man sie halt schaffen, denn sonst ist unsere gesellschaft unmenschlich.

Unser schulsystem ist unfähig, mit behinderten umzugehen, seien es menschen mit angeblich niederem intelligenzquotienten oder hochbegabte. Man behindert die musischen fächer, obwohl man weiß, dass musik und kunst das sprachvermögen schulen, und, dass behinderte ihre hohen sozialen kompetenzen einbringen könnten. Bildung wird in unserer ellbogengesellschaft nicht benotet. Da sei im ländle das seit fünfzig jahren verkrustete bildungssytsem vor! Und der schulminister knickt ein, obwohl die bildungsforschung längst weiß, dass integration allen beteiligten vorteile bringt.

Dermaßen von der intoleranz in die enge gedrängt, ändert sich nie etwas. GERD REISING, Karlsruhe

Wie Lernen gelingen kann

■ betr.: „Gymnasium? Mit uns nicht!“, taz vom 17. 5. 14

Ja, natürlich ist das Gymnasium elitär und stressig. Aber habt ihr euch schon einmal den Unterrichtsstil in den anderen Schulen näher angeschaut?

Für unseren Sohn war das Aneinanderreihen von uninspirierten Fleißarbeiten eine Tortur. Nach vier Jahren freier Schule war er in die Regelschule gewechselt, und weil wir ihm den Gymnasialstress ersparen wollten, entschieden wir uns für die Realschule. Wir mussten dann aber sehr schnell ins Gymnasium wechseln – trotz netter Lehrer und freundlichem Schulklima –, weil es unserem Sohn mit dem Realschul-Arbeitsstil richtig schlecht ging: Unterricht ohne Anregungen und Hausaufgaben als Fleißarbeiten im Stil von „Schreibe in 50 Variationen noch einmal auf, was dich schon im Unterricht gelangweilt hat“. Im Gymnasium hat er nun sogar weniger Hausaufgaben. Und er fühlt sich jetzt wohl in der Schule.

Anstatt des immer gleichen Gymnasium-Bashings würde ich mir Artikel darüber wünschen, wie Lernen überhaupt gelingen kann. Mit dem Abschaffen des Gymnasiums allein haben wir sicherlich keine gute Schulkultur gewonnen. Denn die Art, wie an allen weiterführenden Schulen gelernt wird, nicht nur den Gymnasien, ist immer noch an Fakten orientiert und nicht an Fähigkeiten und braucht dringend eine neue Idee.

FRANZISKA HOCHWALD, Korntal-Münchingen