: Junkies wieder illegal
Mit der Heroinabgabe an Schwerstabhängige ist es bald vorbei. Nachdem Berlin abgewunken hat, stellt sich auch Hamburg auf ein Ende des Modellprojektes ein. Hoffnungen auf eine Ausnahmegenehmigung haben sich zerschlagen
Bis zuletzt hatte es ausgesehen als würde sich Hamburg beim Heroin-Projekt aus dem Fenster lehnen. Der bundesweite Modellversuch, bei dem Schwerstabhängige unter ärztlicher Aufsicht Heroin gespritzt bekommen, sei ein „sehr großer Erfolg“, hatte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Hartmut Stienen, noch vergangene Woche verkündet und mehrere Möglichkeiten ins Spiel gebracht, wie das Projekt verlängert werden könnte.
Doch nachdem sich die große Koalition in Berlin auf Drängen der CDU/CSU gegen die Heroinabgabe auf Krankenschein ausgesprochen hat, sieht Stienen für die Zukunft des Projektes schwarz. „Mit Bedauern“ nehme die Gesundheitsbehörde den Berliner Beschluss zur Kenntnis, sagte er gestern. Die verbliebenen Patienten könnten bis Mitte kommenden Jahres weiter behandelt werden. Neue Patienten würden aber nicht mehr aufgenommen.
Niedersachsen war bereits in der vergangenen Woche eingeknickt. Mit ihrer Fraktion werde es kein Heroin auf Krankenschein geben, hatte die Gesundheitsexpertin der CDU-Landtags-Fraktion, Heidemarie Mundlos, gesagt, nachdem sie den Modellversuch noch im Mai gelobt hatte. Nur auf das Drängen des Koalitionspartners FDP hin darf das Projekt auch in Hannover ein halbes Jahr auslaufen.
Nach dem Betäubungsmittelgesetz ist die Abgabe von Heroin verboten, Ausnahmegenehmigungen erteilt das Bundesamt für Arzneimittel. Eine Verlängerung über Mitte des kommenden Jahres hinaus sei vom Bundesamt nicht zu erwarten, heißt es aus dem Büro der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD). Sie tritt für die Legalisierung der Heroinabgabe ein, war am Dienstag aber an der Unionsfraktion im Bundestag gescheitert. Deren drogenpolitische Sprecherin Maria Eichhorn (CSU) stellt den Erfolg des Modellversuchs infrage und fordert, das Geld für den Kampf gegen Cannabis einzusetzen.
Die Möglichkeit, wenigstens eine neue Ausnahmegenehmigung „wegen besonderem öffentlichen Interesse“ zu erwirken, sieht weder die Drogenbeauftragte in Berlin noch der Hamburger CDU-Senat. Man wolle weiter „für eine sehr beschränkte Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige werben“, sagt Hartmut Stienen von der Hamburger Gesundheitsbehörde. Ein „Alleingang“ ergebe „überhaupt keinen Sinn“.
Der Senat könnte eine Initiative im Bundesrat erwägen. Doch „dazu“, so Stienen, „kann ich noch nichts sagen.“ DANIEL WIESE