betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Das Drama ist natürlich auch die Geschichte eines alternden Künstlers, der sich vor denen fürchtet, die nach ihm kommen und über ihn hinauswachsen könnten: Henrik Ibsens „Baumeister Solness“. Aber es stellt auch die schwierige Frage nach dem Preis des Ruhms. Altmeister Frank Castorf hat in seinem Künstlerleben immer wieder Ibsen inszeniert – eine seiner berühmtesten Arbeiten war „John Gabriel Borkman“ 1990 am Deutschen Theater. Damals, als die DDR gerade zusammengebrochen war, spielte der Schauspieler Horst Lebinsky den von den Geistern der (seiner?) Geschichte verfolgten Bankier und Finanzfunktionär, der das Opfer seiner eigenen Verblendung geworden war. Jetzt, fast ein Vierteljahrhundert später, ist Horst Lebinsky wieder dabei, wenn Castorf an der Volksbühne den „Baumeister Solness“ inszeniert und auch die politischen Baumeister des 20. Jahrhunderts in den Blick nehmen wird (Volksbühne: „Baumeister Solness“, Premiere 28. 5., 19.30 Uhr).

Die andere große skandinavische Schlüsselfigur der bürgerlichen europäischen Dramatik ist August Strindberg gewesen. Wie Ibsen sezierte er das bürgerliche Individuum und die Abgründe seiner Lebensmodelle: Familie, Ehe, Kapitalismus. Eine besonders grausige Spielart führt das Stück „Scheiterhaufen“ vor, in dem eine tyrannische Mutter ein Psychoterrorregime führt. Bis es zur Katastrophe kommt. Im „Theater unterm Dach“ in der Danziger Straße setzt der junge Ernst-Busch-Absolvent Jonathan Gruner die fürchterliche Geschichte in Szene (Theater unterm Dach: „Scheiterhaufen“, 23. + 25. 5., 20 Uhr).

Am 23. Mai gibt es im Studio des Gorki Theater einen Abend mit der legendären Sängerin und Schauspielerin Sanda Weigl, die hier mit einem A-cappella-Programm mit Liedern der rumänischen Chanson- und widerständigen Volksmusiklegende Maria Tanase „Grünes Blatt am Dorngestrüpp“ zu sehen und zu hören sein wird. Die in Ostberlin aufgewachsene Wahl-New-Yorkerin Weigl wird die Lieder der 1963 früh an Krebs verstorbenen Tanase mit Texten von Herta Müller konfrontieren. (Gorki-Studio: „Grünes Blatt am Dorngestrüpp. Tribute to Maria Tanase“, 23. 5., 20.30 Uhr)

Und dann wird am Wochenende ja das europäische Parlament gewählt. Passend dazu fragen auch die Performer von Interobang in den Sophiensælen „Wie sieht die Zukunft Europas aus?“ Kommt nun die schwarmintelligente Basisdemokratie 3.0? Ein United Queerdom of Europe oder doch die matriarchalische Merkelmonarchie? Das Publikum kann in der Performance „Preenacting Europe“ mitreden und mitentscheiden (Sophiensæle: „Preenacting Europe“, 23., 24., 27. & 28. 5., 20 Uhr).