Paragraph 218
: Einfallstor für Lebensschützer

Berichte über späte Abtreibungen lassen niemanden kalt: Bei der so genannten Prostagladin-Methode werden der Schwangeren Wehen auslösende Medikamente gespritzt und so eine Frühgeburt eingeleitet. Bei der Kaliumchloridmethode sticht der Arzt mit einer Nadel in das Herz des Ungeborenen und bringt es zum Stillstand. Doch das Erschaudern über den Vorgang darf über eines nicht hinwegtäuschen: Es sind nur wenige Frauen, die sich das antun. Denn wenn eine Hochschwangere sich zu diesem Schritt entscheidet, muss sie sehr verzweifelt sein. Eine ärztliche Bescheinigung dafür muss sie sich außerdem hart erarbeiten.

KOMMENTAR VONNATALIE WIESMANN

Die Frage, wann ein Leben beginnt, ist keine biologische, sondern eine ethische. Bei der Diskussion um Abtreibung wird immer das Recht des ungeborenen Kindes gegen das der Frau ausgespielt. 1995 hat die Politik in der Tendenz entschieden, das Wohl der Frau in den Vordergrund zu stellen. Zu Recht: Schwangere, die ein Kind nicht bekommen wollen, werden es los – egal wie. Ein Verbot hat Frauen auch vor der Gesetzesnovelle nicht davon abgehalten. Sie ließen ihr Ungeborenes in den Niederlanden abtreiben, oder legten sich unters Messer eines Pfuschers. Aber auch Frauen, die ein Kind widerwillig austragen, begehen Verzweiflungstaten – nicht selten setzen sie ihre Babys aus oder töten sie sogar.

Die neue Diskussion über den Paragraphen 218 birgt eine große Gefahr: Sie kann zum Einfallstor für CDU-Hardliner und radikale Lebensschützer werden – denn diese könnten die Chance nutzen, Abtreibungen wieder generell in Frage zu stellen. Dieser Gefahr muss sich auch die Linke bewusst sein, wenn sie jetzt „nur“ über Spätabtreibungen diskutieren will. Eine neue Einschränkung des Abtreibungsrechts wäre ein Schlag ins Gesicht der Frauen, die jahrzehntelang für ihre Rechte gekämpft haben.

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