Secret Cinema
: Mission? Gefährlich!

Im Weltall hört dich keiner schreien

Drüben schreien die Menschen um ihr Leben. Zumindest klingt es so. Die Todesfallen des Kirmes-Weihnachtsmarkts neben dem Alexa sind gut mit Amüsierwilligen gefüllt. Diesseits der Diercksenstraße, vor dem seltsamen Bushido-Store, findet sich derweil ein sonderbares Völkchen ein: alle im weißen Baumarkt-Schutzanzug, Taucherbrillen auf den Nasen.

Vorfreude liegt in der Luft, Medien sind anwesend. Ob wir denn wissen, was uns erwartet? Weiß keiner, aber man munkelt. Schon sortiert uns ein Anweiser, verteilt ID-Aufkleber, stiftet Orientierung. Wir sind jetzt Rekruten des Raumschiffs Nostromo 2. Unsere Mission? Gefährlich! Secret Cinema nennt sich das. Die Idee stammt aus UK und ist dort längst Massenevent. Sie kombiniert die Ästhetik eines klandestinen Underground-Filmhappenings mit der Atmosphäre von Live-Rollenspiel und der Dynamik eines Flashmobs. Lediglich ein E-Mail-Verteiler klärt auf über Zeit und Treffpunkt, der Film des Abends bleibt bis zum Schluss geheim.

Unterdessen haben zwei Astronauten in den S-Bahn-Bögen einen Geheimeingang aufgetan. Fortan robben wir durch nebelverhangene, liebevoll dekorierte Industrieanlagen, erfüllen Aufgaben: Auf dem Oberdeck wird Katze Jones vermisst, draußen im Kalten wurden außerirdische Eier gefunden. Berliner Industrial-Chic: ein Raumfrachter im All. Manche steigen voll ins Szenario ein, andere suchen witzelnd Abstand, Spaß haben alle.

Nach drei Stunden haben es alle in die Brücke geschafft. Die Retro-Visuals auf der Leinwand verschwinden, Ridley Scott erscheint, spricht grüßende Worte und kündigt eine Übertragung aus der Nostromo 1 an. Während die Budenbesitzer Abschlusskasse machen, beginnt hier, Lichtjahre vom Alexanderplatz entfernt, der Film, den längst schon jeder erraten hat. Alien. Im Weltall hört dich keiner schreien.

THOMAS GROH