Basteln macht glücklich

Was schenkt man Kindern, die sich nichts wünschen oder schon alles haben? Die taz bat drei Senatorinnen und andere Menschen, die mit Kindern zu tun haben, um ihre Tipps

UMFRAGE: KAIJA KUTTER

Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU): Ich glaube, Zeit und Ideen für gemeinsame Erlebnisse sind das Wichtigste, was man Kindern schenken kann: Zeit, um zusammen Bücher zu lesen (oder Hörbücher zu hören und mit den Kindern darüber zu sprechen). Zeit, um gemeinsam Ausstellungen zu erleben (zum Beispiel die wunderbare Caspar-David-Friedrich-Schau in der Kunsthalle) oder ins Theater zu gehen (da bieten sich in Hamburg nicht nur Weihnachtsmärchen an). Oder Zeit, um mit ihnen Sport zu treiben (ob nun Fußball auf dem nächsten Bolzplatz oder Eislaufen in den Wallanlagen).

Das gemeinsame Erleben neuer Eindrücke ist in unserer recht materiellen Welt nach meiner Einschätzung besonders wertvoll geworden - wertvoller als manches neue Spielzeug und viele neue technischen Spielereien.

Ulf Kalkmann, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelsverbands: Vor allem Liebe, Fürsorge und Geborgenheit. Und sich mit den Kindern beschäftigen und ein aktives Familienleben führen. Die Geschenke sind dann gar nicht so wichtig. Wenn es doch Geschenke sein sollen –die meisten wünschen das –, ist es gut, kreative Dinge zu schenken, wo Kinder sich aktiv einbringen können und nicht fremdbestimmt werden. Materialien für Rollenspiele zum Beispiel. Ein Kinderpostamt, wo sie Briefmarken verkaufen.

Auch sollten sie den Brauch des Weihnachtsfestes pflegen, mit den Kindern Weihnachtsdekoration selber basteln und nicht die fertigen Sterne aus der Blisterpackung kaufen. Eltern sollten mit eigenem Tun die Kinder anleiten, selber zu basteln. Das macht sie glücklich.

Sozialsenatorin und zweite Bürgermeisterin Birgit Schnieber-Jastram (CDU): Liebe, denn davon gibt es nie genug. Und vielleicht einen ganzen Tag, der nur dem Kind gehört oder eine Unternehmung, die sich vom sonstigen Alltag unterscheidet. Ein Buch, das man gemeinsam liest. Oder ein leeres Buch, in das das Kind ein Jahr lang alles malen oder aufschreiben kann, wovon es träumt und was es sich wünscht.

Wolfhagen Sobirey, Präsident des Landesmusikrats Hamburg: Mein persönlicher Geschenktipp sind Musik-CDs und DVDs, die von einer Fachjury des Verbands deutscher Musikschulen (VdM) mit dem „Leopold Medienpreis“ für gute Kindermusik ausgezeichnet wurden. Darunter ist zum Beispiel das Musical „Ritter Rost feiert Weihnachten“ für Kinder ab sechs, „Die Geschichte vom Ring des Nibelungen“ als Oper für Kinder ab acht oder „Das unverschämte Pianoforte“, eine Klaviergeschichte für Kinder von vier bis 14 Jahren. Die Liste der Preisträger finden Sie unter www.musikschulen.de.

Kultursenatorin Karin von Welck: Für die ganz Kleinen ist das Fingerpuppenbuch „Finn, der Fuchs“ ein spannendes Geschenk (Carlsen Verlag, Illustrator: Klaartje van der Put, zahlreiche bunte Bilder, 14 Seiten, 6,90 Euro).

Eines der schönsten Geschenke, die Eltern ihren Kindern in jedem Alter machen können, ist Zeit mit ihnen zu verbringen. Zum Beispiel bei einem gemeinsamen Theaterbesuch. Theatervorstellungen, die dazu in Frage kämen, wären zum Beispiel „Oliver Twist“ im Thalia Theater oder „Tintenherz“ im Deutschen Schauspielhaus.“

GAL-Familienpolitikerin Christiane Blömeke: Ich schenke am liebsten „gemeinsame Erlebnistage“, weil ich glaube, dass so ein Geschenk viel länger in Erinnerung bleibt als der kleinste i-Pod mit noch größerer Speicherkapazität oder das neueste Handy mit Fernsehmöglichkeit.

Als besondere Highlights kann ich hier drei Beispiele geben, die wir unseren Kindern geschenkt haben und die heute noch bei allen in schöner Erinnerung sind. So zum Beispiel einen Tag im Delphinarium im Zoo Münster. Für meine Tochter, damals 10 Jahre und absoluter Delphinfan, war es ein großartiges Erlebnis, hautnah am Füttern und Trainieren der Tiere mitzuwirken (Delphinarium Münster, ☎ 0251/815 33). Für meinen Sohn war ein Ballonflug mit seinem Vater das Ereignis, das auch heute noch nachwirkt und mit meiner älteren Tochter habe ich gemeinsame Reittage in der Lüneburger Heide verbracht, die uns beiden nicht nur viel Gelegenheit zum Reiten, sondern auch zum Reden gegeben haben. Natürlich können Erlebnistage auch einen weniger aufwendigen Rahmen haben. Wichtig ist für mich die gemeinsame Zeit.

SPD-Familienpolitikerin Carola Veit: Das schönste, was man Kindern schenken kann, ist natürlich, sich Zeit für sie zu nehmen. Mein Tipp: Einige Weihnachtsmärchen laufen auch noch nach dem 24. Dezember (z.B. Jim Knopf, Räuber Hotzenplotz). Wir werden zwischen den Jahren noch einmal ganz gemütlich ins Theater gehen. Es kostet zwar viel Zeit, aber etwas Selbstgemachtes muss sein. Paul (5) wünscht sich einen neuen gestrickten Schal von mir. Für Marie (1) bauen wir mit Paul gemeinsam einen kleinen Kletterturm fürs Spielzimmer. Erst planen, dann sägen, schleifen, streichen – so ist das Geschenk für die Kleine auch für den Großen ein echtes Erlebnis.

Rainer Burmester, Spielzeugverkäufer: Das ist für mich als Spielwarenhändler – Die Druckerei, Schanzenstraße 6 – eine schwierige Frage. Mir geht es schon darum, dass Kinder Sachen bekommen, die Kreativität fördern und nicht das 96ste Lizenzthema. Eine Brio-Eisenbahn oder eine Kugelbahn zum Beispiel kann man ausbauen. Früher sprach man von ‚pädagogisch wertvollem‘ Spielzeug, das ist ein abgetretener Begriff, aber er ist nach wie vor richtig. Wenn ein Kind schon viel hat, sollte man vielleicht einfach mal aufräumen und Spielzeug wegpacken, damit Raum für neues entsteht, mit dem das Kind auch spielt.