Vielleicht ist der Neue doch nicht so schlimm

Bei der Diskussion mit dem Theater-Stammpublikum gewinnt der zukünftige Intendant Hans-Joachim Frey an Boden

„Ich bin mit einer gewissen Wut hier“, sagt eine honorige Dame, ihr Gatte ergänzt: „Die Art und Weise, wie Herr Frey all’ seine Neuerungen angekündigt hat, ist geradezu großkotzig.“ Gemeint ist der designierte Generalintendant des Bremer Theaters – im Brauhauskeller soll er sich den Fragen des Stammpublikums stellen. Insbesondere die Nicht-Verlängerung der Verträge von fast der Hälfte aller bislang beschäftigten SchauspielerInnen hat die Wellen hoch schlagen lassen, im Musiktheater müssen sogar vier Fünftel der SängerInnen gehen. Auch George Stevens, den die „Freunde des Bremer Theaters“ gerade mit ihrem Kurt Hübner-Preis ausgezeichnet haben.

Zu den monatlichen Gesprächsrunden der „Theaterfreunde“ kommen in der Regel 40 Interessierte, jetzt drängt sich ein Vielfaches davon im Gewölbe. Hans-Joachim Frey, erst 41, aber durch den silbernen Haarschopf mit Elder-Artsman-Optik ausgestattet, platziert gleich zu Beginn zwei Botschaften: „Ich bin in einer evangelischen Pastorenfamilie aufgewachsen“, und: „Mit 19 wollte ich großer Sänger werden.“ Beides geht gegen den Generalverdacht, Frey sei ein lediglich in ökonomischen Kategorien denkender Kulturmanager.

Die Fragen des mustergültig moderierenden Hans Dieter Heimendahl bringen die harten Fakten auf den Punkt: Der Etat sinkt, nur mit Mühe konnte Frey die Vorgabe des Kultursenators abschwächen, die Einnahmen in den kommenden fünf Jahren zu verdoppeln. Das „Concordia“ wird künftig nur noch punktuell bespielt. Nächstes Reizwort: „Semi-Staggione“. Frey relativiert den Abschied vom üblichen Repertoiretheater durch den Hinweis auf abgewendete Grausamkeiten: Zwischenzeitlich sollte der Spielplan „in knappe Blöcke“ gepresst werden, jetzt wird es immerhin zwei bis drei Stücke gleichzeitig geben. Frey verspricht: „Wir spielen keinen Abend weniger“. Ebenfalls obsolet scheint die angedachte Zusammenlegung der Werkstätten mit denen von Radio Bremen.

„Wir wollen junge Kräfte nach Dresden holen“, leistet sich Frey einen Punktverlust, schafft dann trotzdem den – dankbar beklatschten – emotionalen Durchbruch, in dem er seinen Respekt vor Vorgänger Klaus Pierwoß betont und auf das früher enge Verhältnis verweist. Pierwoß hatte Frey als Chef-Disponent nach Bremen geholt. „Unsere künstlerischen Auffassungen sind zum Teil immer noch deckungsgleich, nur haben wir völlig unterschiedliche Vorstellungen davon, wie Theater heute funktionieren kann.“ Henning Bleyl