„Bremen kann sozialer werden“

SOZIALE STADT Sozialwissenschaftler Prigge untersucht die Sozialpolitik seit dem Ende der großen Koalition

■ 61, ist Sozialwissenschaftler am Institut für Arbeit und Wirtschaft (IAW) an der Uni Bremen.

taz: Herr Prigge, Sie stellen heute mit dem Bürgermeister ein Buch vor mit dem Titel „Bremen kann sozialer werden“! Muss eine solche Untersuchung nicht eine Kritik an den politisch Verantwortlichen sein, also am Senat?

Rolf Prigge: Ich habe am Beispiel Bremens die Bedingungen und möglichen Strategien für eine soziale Stadtpolitik in einer deutschen Großstadt untersucht. Durch den Übergang von der Politik der Großen Koalition zu der Politik der rot-grünen Koalition hat es in Bremen wichtige Veränderungen gegeben.

In welchen Bereichen?

Der rot-grüne Senat hat eine neue politische Programmfamilie für mehr soziale Integration auf den Weg gebracht. Dazu gehört die Kindeswohlsicherung, der Kita-Ausbau, die Reform des Schulsystems, ein neues Leitbild für die Stadtentwicklung, mehr Beteiligung für die Bürger und die Stärkung der Ortsteilbeiräte und nicht zuletzt ein öffentlicher Bericht über die Lebenslagen im Lande Bremen.

Das bedeutet: Sie sind weitgehend einig mit dem Bürgermeister, der Ihnen das Vorwort geschrieben hat?

Es hat eine deutliche Veränderung in der Bremer Stadtpolitik gegeben. Diese Veränderungen sind besonders von Jens Böhrnsen mit vorangetrieben worden. Soziale Veränderungen sind aber Prozesse, die über Jahre wirken müssen, bevor man die Ergebnisse sieht. Nun kommt es m.E. darauf an, die Politik der Ressorts noch besser zu verknüpfen und sie auf die verschiedenen Lebenslagen in den Ortsteilen auszurichten. Dabei muss sich Rot-Grün als lernfähig erweisen: Was wirkt zielgerecht oder was muss korrigiert werden?

Gibt es Punkte, wo Sie sagen: Da müsste mehr passieren oder etwas anderes?

Die soziale Politik einer Kommune muss man immer im Kontext der jeweiligen Bundes- und EU-Politik diskutieren, die beide nur schwer zu beeinflussen sind. Trotzdem: Ganz wichtig wäre der weitere Ausbau der Kitas und der Ganztags-Betreuung im Grundschulbereich. In der Stadtteilentwicklung muss die Zusammenarbeit zwischen dem Sozial- und dem Bildungsressort besser werden. Alle Bürger müssen sich vor Ort noch mehr im Sinne einer kooperativen lokalen Demokratie einbringen können.

Würden Reibungsverluste zwischen Sozialpolitik und Schulen abgebaut, wenn die beiden Senatsverwaltungen zusammengeführt würden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine bessere Koordination zu erreichen. Darüber muss politisch entschieden werden. Interview: kawe

Buchvorstellung 18 Uhr in der Zentralbibliothek