„Ein alter Traum“

AFRO-JAZZ Das Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp setzt nicht auf Klassik, sondern auf Punk

■ 40, ist der Bandleader und Kontrabassist vom Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp.  Foto: Isabelle Meister

taz: Herr Bertholet, was bedeutet das Wort Erfolg für Sie?

Vincent Bertholet: Für mich ist ein Erfolg zu reisen, aufzutreten, Menschen zu treffen und mich auszutauschen. Erfolg ist ein sehr subjektiver Begriff.

Das Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp ist also Mittel zum Zweck und kommerzieller Erfolg spielt keine Rolle?

Ja, wir schielen nicht auf die Charts und sind kompromisslos experimentell. Das ist es, was uns gefällt.

Wie kam es zu dieser Band mit dem ungewöhnlichen Namen?

Wir haben uns 2006 in Genf, wo ich lebe, für ein Konzert gegründet. Das war ein alter Traum von mir: einmal mit einem richtigen Orchester zu improvisieren. Das hat so gut funktioniert, dass wir einfach weitergemacht haben und nun gibt es das Orchestre schon acht Jahre – wenn auch mit vielen Umbesetzungen. Am Format hat sich aber nichts geändert.

Ein Sextett, aber kein Orchester?

Ja, das Problem ist, dass man mit einem Orchester mit mehr als einem Dutzend Musiker nicht reisen kann. Unser Format ist der Tatsache geschuldet, dass sechs Leute gut in einen Kleinbus passen. Mehr ist nicht drin …

Wie kam es zum ungewöhnlichen Line-up mit der Marimba?

Ich habe davon geträumt, experimentelle Musik mit akustischen, aber ohne elektronische Instrumente zu machen und die Marimba ist ein Super-Rhythmusinstrument. Ich mag afrikanische Musik, ich mag Punk und Jazz.

Ein musikalischer Spagat …

Bands wie The Ex haben vorgemacht, dass sich Musik aus Mali, aus Äthiopien oder der Zentralafrikanischen Republik durchaus mit anderen Musikstilen fusionieren lässt. Nichts anderes machen wir und haben großen Spaß dabei.

Die Mitglieder des Orchestre leben über ganz Europa verstreut – wie funktioniert ein derartiges Bandprojekt?

Wir treffen uns in der Regel für drei, vier Tage in Genf, Bristol oder wo auch immer, um konzentriert zu arbeiten. Das lässt sich ganz gut koordinieren und bei den Tourneen ist es ähnlich.

Womit beschäftigen sich die Musiker des Orchestre im täglichen Leben?

Einige sind Musiklehrer, so wie ich, und andere arbeiten in unterschiedlichen Musikprojekten und leben davon. Das sorgt auch immer wieder für neue Einflüsse, sodass uns nicht langweilig wird.  INTERVIEW: KNUT HENKEL

Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp: 21 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2