So weit die Füße tragen

ASYL Aktivisten konnten bisherige Etappen des Protestmarschs nach Brüssel störungsfrei zurücklegen

„Die Füße sind schon kaputt“, sagt Turgay Ulu, „aber das ist normal.“ Der Flüchtlingsaktivist, der in den vergangenen zwei Jahren vom Oranienplatz aus für eine grundlegend andere Asylpolitik kämpfte, als sie bisher gemacht wird, befindet sich seit einer Woche mit circa 100 weiteren Flüchtlingen und Unterstützern auf dem Weg von Straßburg nach Brüssel. Jeden Tag hätten sie seitdem etwa 20 Kilometer zu Fuß zurückgelegt, so Ulu am Telefon, der trotz der Strapazen bestens aufgelegt ist.

Mit ihrem Marsch durch Europa über insgesamt 450 Kilometer wollen die Flüchtlinge, von denen fast die Hälfte aus Berlin angereist ist, ihren Kampf ausweiten. Während am Kreuzberger O-Platz am Sonntagmittag noch eine Handvoll Aktivisten und Unterstützer die Stellung hält, tragen die Teilnehmer des Protestmarschs ihre Forderungen für eine Liberalisierung sowie ein Ende der Abschottungspolitik zum EU-Gipfel, der vom 20. bis 26. Juni in der belgischen Hauptstadt stattfinden wird.

Dass Ulu und die anderen am Sonntag vor einer Woche über die Europabrücke vom deutschen Kehl ins französische Straßburg spazierten, war bereits ein „großer Erfolg“, sagt Adam am O-Platz, der ebenfalls mit dabei war. In Kreuzberg ärgert man sich derweil über die Polizei, die es den ehemals Hungerstreikenden so unangenehm wie möglich macht. Nicht nur dass niemand mehr auf dem Platz liegen darf – die Polizei verbiete auch das Fußballspielen und wecke die Leute in der Nacht. „Hier wird ständig der Druck hochgehalten“, erbost sich ein Unterstützer. Er befürchtet auch, dass die Abschiebung der Flüchtlinge von der Gedächtniskirche Signalwirkung haben könnte.

Am heutigen Montag geht es für die Demonstranten bei Saarbrücken zurück auf die deutsche Seite. Bislang ist die Polizei nicht eingeschritten, aber jeder Grenzübertritt stellt für die Flüchtlinge, die der Residenzpflicht unterliegen, ein Risiko dar. Doch Ulu ist optimistisch: Auf deutscher Seite werden Parlamentarier von der Linkspartei und den Grünen die Aktivisten in Empfang nehmen. Auch sonst sind die Reaktionen auf ihren Protest bislang positiv. „Viele Leute sind solidarisch“, freut sich Ulu. Die zerschundenen Füße nimmt er dafür gern in Kauf. ERIK PETER