Freiwillige vor!

Bei der „Libération“ einigen sich Personalvertreter und Hauptaktionär darauf, insgesamt 76 Stellen abzubauen

Ein Stellenabbau war bei der Libération erwartet und befürchtet worden. Jetzt liegen die Einzelheiten des Sanierungsplans vor, mit dem der neue Chef, Laurent Joffrin, die französische Tageszeitung ins finanzielle Gleichgewicht zurückführen möchte. Von insgesamt 276 Vollzeitstellen werden 76 gestrichen. Betroffen sind 40 JournalistInnen sowie 36 andere Beschäftigte der Zeitung.

Ab sofort können sich auch „Freiwillige“ melden. Sie erhalten als Gegenleistung für ihren Abgang die Fortzahlung ihres Lohns für insgesamt 15 Monate. Da schon im Frühling im Rahmen einer Umstrukturierung Arbeitsplätze abgebaut wurden, dürfte an diesem Schalter der Andrang der „Freiwilligen“ aber nicht groß sein. Unter den Beschäftigten herrscht denn auch verständlicherweise große Frustration, obschon sie kurzzeitig mit einem noch größeren Stellenabbau oder sogar mit dem Konkurs der Zeitung rechnen mussten. Seit Oktober steht Libération unter Gläubigerschutz.

In Zukunft möchte die Libé mit einem verbesserten Internetauftritt Leser anziehen und mehr Geld verdienen. Joffrin erwartet von den Redaktionsmitgliedern, dass sie flexibler werden und zur Einsparung von Kosten vielseitig verschiedene Funktionen gleichzeitig erfüllen. Die Gewerkschaften riefen das Personal gestern Nachmittag zu einer Vollversammlung auf, bei der das weitere Vorgehen besprochen werden sollte. Bis Redaktionsschluss war offen, ob dabei Protestaktionen beschlossen werden sollten. Am Freitag ist eine Sitzung der Personalkommission angesetzt.

Die VertreterInnen des Personals hatten am letzten Montag im Verwaltungsrat schließlich dem Sanierungsplan des Hauptaktionärs Edouard de Rothschild zugestimmt. Dieser sieht neben der Ernennung von Joffrin auch vor, dass die mit 18,4 Prozent am Kapital beteiligten ArbeitnehmerInnen bei strategischen Entscheidungen auf ihr Vetorecht verzichten und ausdrücklich die anstehende Umstrukturierung akzeptieren.

Libé-Chef Joffrin scheint es immerhin gelungen zu sein, die Zahl der geopferten Stellen in der Redaktion zu senken. Rothschild wollte nämlich zunächst – gestützt auf ein internes Audit –mehr als hundert Arbeitsplätze liquidieren. Die Personalvertreter waren ihrerseits ursprünglich bereit, bis zu 66 Abgänge hinzunehmen. Als Gegenleistung hat sich der Hauptaktionär bereiterklärt, aus seiner Tasche fünf Millionen Euro in die Zeitung zu investieren und neue Geldgeber zu finden, die ihrerseits zehn Millionen beisteuern sollen. Bis 31. Dezember soll dieser Sanierungsplan abgeschlossen sein. Rudolf Balmer, Paris