Genossen rufen zum letzten Kampf für Kohle

Vor dem heutigen Spitzengespräch zur Steinkohle bestehen SPD und IG BCE auf einem Sockelbergbau auch nach 2018

DÜSSELDORF taz ■ Schon der Wortlaut lässt die Gewerkschafter frohlocken. „Sockelbergbau“ steht unter Punkt eins der Tischvorlage für die Sechserrunde, die über die Zukunft der deutschen Steinkohle entscheiden soll. Und das bedeutet Streit. Denn die Unionsvertreter, die heute ins Bundeskanzleramt kommen, wollen den Sockelbergbau, mit dem zumindest einige Zechen unbefristet offengehalten werden könnten, unbedingt vermeiden.

Die CDU will raus aus der Kohle, die Bund und Länder jedes Jahr 2,5 Milliarden Euro Subventionen kostet. Der Bundesparteitag in Dresden verabschiedete einen Antrag zur „Beendigung der Subventionen für den deutschen Steinkohlebergbau in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehnts“.

Bis vor wenigen Tagen sah es noch so aus, als könne sich die Union mit ihrer Position durchsetzen. In wochenlanger Arbeit hatten sich Beamte aus dem CSU-geführten Wirtschaftsministerium und dem SPD-geführten Finanzministerium auf ein Eckpunktepapier verständigt, das mehrere Optionen für den Ausstieg vorsieht. Umstritten ist darin nur noch der Zeitpunkt: Als mögliche Daten für die letzte Schicht werden die Jahre 2012, 2014, 2016 oder 2018 geprüft. Einigkeit besteht auf Expertenebene dagegen in der Frage, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen, aber eben auch keinen „Kohlesockel“ geben soll.

Doch kurz vor dem heutigen Spitzentreffen, an dem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), RAG-Chef Werner Müller, Hubertus Schmoldt, Chef der Bergbau-Gewerkschaft IG BCE und die Ministerpräsidenten der kohlefördernden Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland, Jürgen Rüttgers und Peter Müller (beide CDU), teilnehmen, wollte aber die SPD von einem Kompromiss nichts mehr wissen. Nachdem Parteichef Kurt Beck angekündigt hatte, für einen Sockelbergbau zu „ringen und kämpfen“, haben die Kohlebefürworter unter den Genossen die Deutungshoheit erlangt. „Es ist nicht vorstellbar, dass Peer Steinbrück dem Auslaufen zustimmt“, sagte ein SPD-Regierungsmitglied der taz. „Kurt Beck sagt so etwas nicht von ungefähr.“ Der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer sagte, der Kohlesockel sei „nicht verhandelbar“.

RAG-Chef Werner Müller hielt sich gestern auffällig zurück. Der frühere Bundeswirtschaftsminister will mit der Chemie-, Kraftwerkstechnik- und Immobiliensparte den so genannten „weißen Bereich“ seines Unternehmens so schnell wie möglich an die Börse bringen. Mancher Sozialdemokrat fürchtet, dass er deshalb gemeinsam mit IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt zu vorschnellen Kompromissen mit der Union bereit sei. Schmoldts Vorstandskollege Werner Bischoff gab gestern jedoch eine harte Linie für die Verhandlungen vor: „Wir sind von einer Einigung weiter entfernt als je zuvor“, sagte er der taz. Auch nach 2018 wolle die Gewerkschaft „mindestens 10.000“ der jetzt noch 30.000 Arbeitsplätze im Bergbau erhalten. KLAUS JANSEN, HOLGER PAULER