Kommentar: KLAUS WOLSCHNER über den Sozialstaat
: Wunsch zu Weihnachten

Nach dem deutschen Sozialgesetzbuch ist 1.265 Euro eine Schamgrenze: Wer als Alleinstehender weniger (brutto) verdient, hat Anspruch auf ergänzende Sozialleistungen. Für das Steuerrecht ist das aber eine Menge Geld – wer so viel verdient, muss davon 50 Euro Steuern zahlen.

Schamlos ist beides. Dass der Fiskus jeden zur Kasse bittet, auch wenn er noch nicht der Armutsgrenze des Sozialrechts entkommen ist, widerspricht jeglichem Gerechtigkeitsempfinden.

Schamlos ist zudem ein System, in dem ein sozialpolitischer Mindeststandard definiert wird, aber nicht dafür gesorgt wird, dass jemand, der voll arbeitet, dieses Minimum auch mindestens in seiner Lohntüte hat.

Vor 30 Jahren hätte der Hinweis gereicht, dass dafür die Gewerkschaften zuständig sind. Aber in unserer Gesellschaft flexibler verleihbarer Menschen sind die Gewerkschaften nur noch eine Lobby-Gruppe unter vielen. Die Lobby derer, die Leiharbeit und Mini-Jobs ausnutzen wollen, ist größer.

Sozialdemokraten wie Peter Hartz und Freunde haben die Tür für sie sperrangelweit aufgemacht. Dass Andere, die das Wort „christlich“ im Namen führen, das korrigieren, wäre ein Wunsch zu Weihnachten und also ziemlich naiv.