Regierung ohne Volk

Gewinner sind die, die der Senat als Verhinderer abstempelte

VON STEFAN ALBERTI

Der Senat hatte die Rollen beim Volksentscheid klar verteilt: hier die fortschrittlichen Randbebauer, die Entwickler, die Zukunftsorientierten – dort die Bebauungsgegner, Verhinderer, Blockierer.

Nun ist es so gekommen, dass zwei Drittel aller Wähler vom Sonntag genau solche angeblichen Verhinderer sind. Bert Brecht gab eine bitterböse Anleitung für den Fall, dass sich das Volk das Vertrauen der Regierung verscherzt: „Wäre es nicht einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“

Das geht glücklicherweise nicht. Was also soll eine Regierung tun, der die Gefolgschaft abhanden gekommen ist? Soll sich der Senat nun an jede neue Initiative ranwanzen – sei ihr Ziel auch noch so konträr zum eigenen? Dann verlöre er zum Vertrauen auch noch den Respekt.

Zu den Zielen stehen

Nein, die Koalition muss zu dem stehen, was sie für richtig hält. So abgegriffen der Begriff vom „Mitnehmen“ der Menschen ist – genau das hat dieses Mal nicht geklappt. Eine Regierung, die in einer Lage ist wie nun der Senat, muss die Dinge künftig eben noch besser erklären, darf weniger Fragen ausweichen. Von bezahlbaren Wohnungen zu sprechen, aber keine im Gesetzentwurf verankern zu wollen – das etwa war geradezu eine Aufforderung, misstrauisch zu werden und jenen zu glauben, die von drohender Luxusbebauung redeten.

Und für den Fall, dass sich die vielen offenen Fragen aus interner Uneinigkeit der Koalition ergeben, lässt sich die Brecht’sche Lösung umdrehen: Denn die Regierung aufzulösen geht durchaus. Das entsprechende Volksbegehren zu Neuwahlen ist ja schon im Gange.