OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Es ist wieder einmal Weihnachten, man erkennt es auch am Kinoprogramm. Einer der Klassiker (obwohl interessanterweise bei seinem Erscheinen nicht gerade mit großen Enthusiasmus aufgenommen), ein Film wie geschaffen für diese Jahreszeit, ist Frank Capras schön sentimentale Kleinstadt-Sozialfantasie „It’s a Wonderful Life“ (1947). James Stewart verkörpert darin George Bailey, den Vorsitzenden der örtlichen Bausparkasse, der sich ausgerechnet am Weihnachtsabend das Leben nehmen will. Doch da steht sein Schutzengel vor, der George zeigt, wie schrecklich die Welt aussehen würde, hätte es ihn nie gegeben: Statt der Bausparkasse bietet die Kleinstadt plötzlich einen Hauch von Las Vegas! Der Schock kuriert George augenblicklich, und schließlich: „Niemand ist ein Versager, der Freunde hat.“ Regisseur Frank Capra, noch in Sizilien geboren und im Alter von sechs Jahren mit den Eltern in die USA ausgewandert, glaubte fest an den amerikanischen Traum und wurde in einer freundlich-naiven Weise nie müde, diesen in seinen Filmen auch zu preisen. (OmU, 24. 12. Tilsiter Lichtspiele)

Ebenfalls recht märchenhaft geht es in Neil Jordans „Ondine – Das Mädchen aus dem Meer“ zu: Da „fängt“ der irische Fischer Syracuse (Colin Farrell) in seinem Netz eine geheimnisvolle, ziemlich wortkarge junge Frau (Alicja Bachleda), um die seine nierenkranke Tochter Annie halb im Ernst, halb im Spaß die Legende einer Selkie spinnt. Die „Robbenfrau“ wird auf diese Weise zum Katalysator von Wünschen der Protagonisten nach jener heilen Familie, die sie allesamt nicht haben. Jordan inszeniert das Dramatische dabei bewusst undramatisch und mit hintergründigem Witz und kann sich auf exzellente Darsteller verlassen sowie auf seinen Kameramann Christopher Doyle, der in seinen Bildern die ganze raue Verwunschenheit der irischen Küstenlandschaft einfängt. (OmU, 23./25.–29. 12. Central)

Für immer verabschieden mussten wir uns vor einigen Tagen von Blake Edwards: Der Regisseur, der seit den späten 1940er Jahren in Hollywood tätig war, verstarb im Alter von 88 Jahren. Erfolge konnte er im Laufe seiner Karriere viele verzeichnen: Fast jeder Kinogänger kennt „Operation Petticoat“ (1959, mit Cary Grant, Tony Curtis und einem rosa U-Boot) und „Breakfast at Tiffany’s“ (1961, mit Audrey Hepburn, Audrey Hepburn und Audrey Hepburn) sowie die Pink-Panther/Inspektor-Clouseau-Komödien, mit denen Edwards es am Ende etwas übertrieb und noch Resteverwertung trieb, als sein Hauptdarsteller Peter Sellers schon längst tot war. Letzterer spielte aber auch die Hauptrolle in Edwards’ wunderbarer Komödie „Der Partyschreck“ (1967): Völlig von seiner Umwelt entfremdet, stolpert er als indischer Kleindarsteller Hrundi V. Bakshi durch eine Hollywood-Party, auf die er nur aus Versehen eingeladen wurde – bis sich die Katastrophen langsam ins Unermessliche steigern und die Party in einem gewaltigen Schaumbad absäuft. Eine würdige Erinnerung an Edwards und sein Gespür für das so wichtige Timing in Komödien. (28./29. 12. Lichtblick) LARS PENNING