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: Gurgeln in Reihe sieben

So ein Platz im Theaterparkett hat seine Nachteile, vor allem wenn er in der Mitte liegt. Wollte man während der Vorstellung raus, müssten alle anderen aufstehen, was eine Zumutung wäre, und die Zuschauer in der hinteren Reihe wären verärgert, denn die Sicht wäre ihnen für die Dauer des Aufstehens versperrt.

Wer im Theaterparkett sitzt, verlässt seinen Platz höchst ungern bei laufender Vorstellung. Erst recht, wenn diese ausverkauft ist wie die „Buddenbrooks“-Inszenierung im Thalia. Die Figuren aus dem Roman von Thomas Mann standen auf einem verstellbaren Bühnenboden, der mal hoch ging, mal runter – auf schwankendem Grund sozusagen.

Die Inszenierung war wirklich gut, die Schauspieler auch. Im Zuschauerraum herrschte konzentriertes Schweigen, als das Gegurgel in Reihe sieben anfing. Erst kaum hörbar, drang es langsam in den Dezibel-Bereich vor, wo Weghören nicht mehr möglich ist. „Grrrps.“ „Fffft.“ „Grrrubb.“ Es war ein Geräusch von Luftblasen, wie es in Taucherfilmen zu hören ist, oder einer Flasche mit Kohlensäure, die zu stark geschüttelt wurde.

Harmlose Geräusche aus der Bauchgegend, nicht kontrollierbar, aber eben falsch am Platze im Parkett, Reihe sieben. Die Köpfe in Reihe sechs wurden unruhig, eine ältere Dame ließ ein unterdrücktes Kichern hören. Auf der Bühne schritt der Verfall einer Kaufmannsdynastie voran, Kontrollverlust auch dort. In Reihe sieben aber saß ich mit hochrotem Kopf. DANIEL WIESE