: Gewerkschaft will mitreden
Behörden und Unternehmer sollen die Strategie für den Industriestandort nicht unter sich austüfteln, fordern Vertreter der Arbeitnehmerschaft. Zahl der Arbeitsplätze stark gesunken. Nur noch jeder sechste ist im Sektor beschäftigt
Die Arbeitnehmerseite müsse mitreden, wenn die Stoßrichtung der Hamburger Industriepolitik festgelegt wird. Das hat gestern die Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) gefordert. Der in Arbeit befindliche „Masterplan Industrie“ dürfe nicht allein der Politik und den Arbeitgebern überlassen werden, sagte der Bezirksleiter der IG BCE, Jan Eulen.
Die Gewerkschaft reagierte auf eine Mitteilung der Wirtschaftsbehörde, die Ende Oktober bekannt gab, sie habe mit der Handelskammer und dem Industrieverband Hamburg (IVH) Gespräche über einen solchen Masterplan aufgenommen. „Eine nachhaltige, langfristige industrielle Entwicklung erfordert Leitlinien, an denen sich Politik und Industrie orientieren können“, erläuterte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU). Der Masterplan werde die geplante Entwicklung des Standorts transparent machen, sagte seinerzeit Karl Gernandt, der Vorsitzende des IVH. Von Gernandt stammt die Anregung zum Masterplan, der bis zum kommenden Frühjahr vorliegen soll.
„Wir halten einen solchen Masterplan für sinnvoll“, sagte IG BCE-Bezirksleiter Eulen. Er betrachte mit Sorge den „rasanten Abbau“ von Industriearbeitsplätzen in Hamburg. Nach den Zahlen der Gewerkschaft gab es 1990 noch 774 Industriebetriebe mit 118.000 Arbeitsplätzen. 2004 waren es nur noch 535 Unternehmen mit 95.000 Mitarbeitern. Nur jeder sechste Beschäftigte arbeite heute in der Industrie, wobei jeder industrielle Arbeitsplatz zwei bis drei Arbeitsplätze in anderen Sektoren sichere.
Eulen bot an, die Kompetenz der IG BCE einzubringen. Aus Sicht der Gewerkschaft könnte über eine bessere Aus- und Weiterbildung gesprochen werden, über einen nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen und die Infrastruktur. Die Gewerkschaft könne gerne mitdiskutieren, wenn einmal das Konzept stehe, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Der IVH war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Gernot Knödler