VERFAHREN GEGEN ACKERMANN & CO. WURDE ZU RECHT EINGESTELLT
: Schauprozess vermieden

Haben sich Ackermann, Esser und Co. gestern „freigekauft“? Gilt hier der Spruch: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“? Beide Fragen sind eindeutig zu verneinen. Der Mannesmann-Prozess ist nach Regeln eingestellt worden, die jährlich in mehr als 100.000 Strafverfahren angewandt werden. Vermutlich sind diese anderen Betroffenen weniger reich als Deutsche-Bank-Chef Ackermann. Wenn aber geltende Gesetze auch auf vermögende Manager angewandt werden, ist der Rechtsstaat nicht in Gefahr. Im Gegenteil: Es wäre rechtsstaatswidrig, wenn ein Verfahren nur deshalb fortgeführt würde, weil die Angeklagten prominent sind und das Publikum überbezahlte Manager derzeit am liebsten vor Gericht sieht. Das wäre ein echter Schauprozess.

Der abrupte Schluss des Mannesmann-Verfahrens hat die Praxis des „Deals“ im Strafverfahren in den Blick gerückt. Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht können sich auf ein Urteil verständigen und so ein Verfahren abkürzen. Natürlich ist das Rechtsprechung „Pi mal Daumen“. Aber man sollte auch die Möglichkeiten eines Strafprozesses nicht naiv überhöhen. Die Wahrheitsfindung ist auch dann nicht gewährleistet, wenn Zeugen sich „nicht mehr erinnern“ oder sich absprechen. Der Mannesmann-Prozess ist das beste Beispiel dafür. Die eigentlich spannende Frage: „War die Prämie für Mannesmann-Chef Esser faktisch eine Bestechung dafür, dass er den Widerstand gegen die Fusion mit Vodafone aufgab?“, konnte nicht einmal ansatzweise geklärt werden. Aus Mangel an Beweismitteln hat das Gericht schon die entsprechende Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zugelassen. Der Untreue-Vorwurf war nur ein Notnagel.

Deutschland neigt nicht dazu, „kurzen Prozess“ zu machen. Das Mannesmann-Verfahren wurde eingestellt, nachdem es schon seit sechs Jahren lief. So wurde im ersten Verfahren beim Landgericht ein halbes Jahr verhandelt, dann kam ein zäher Revisionsprozess beim Bundesgerichtshof, und nun drohte erneut ein monatelanger Prozess, der sicher ohne eindeutige Beweislage geendet hätte. Hier einen Kompromiss anzustreben – der ja kein Freispruch ist –, war äußerst angemessen.

CHRISTIAN RATH