Das Rotations-Opfer

Marco Manfredini trifft’s arg: Am Montag hatte der Flusspferddompteur aus Schwachhausen Radio Bremen als künftiger Europaabgeordneter Rede und Antwort gestanden und berichtet, die abgegriffenen Diäten in einen Helikopter zu investieren. Doch das wird nix – und auch sein Abgeordneten-Dasein wackelt: Die Geschäftsordnung des Parlaments erschwert, das „Partei“-Mandat, wie geplant, geschwisterlich unter allen 60 KandidatInnen der von Komiker Martin Sonneborn angeführten Liste aufzuteilen.

Nach einem Monat müsste dafür der Inhaber zugunsten des Nachrückers abdanken, auch die drei Kandidaten aus Bremen, wo die „Partei“ ein Zehntel ihrer 185.000 Stimmen eroberte: Imke von Karstedt, Listenplatz 44, der Student Fabian Seggelkow, Platz 57 und eben Manfredini, Platz 52, sollten 2018/2019 je einen Monat lang nach Straßburg ziehen. Doch während eine Formulierung des Abgeordneten-Statuts die irrige Vorstellung nährte, ein Monat Mandatsträgerschaft berechtige zum halbjährigen Bezug des Überbrückungsgeldes in Höhe der regulären Diät, setzt das Abgeordnetenhandbuch dafür eine Mandats-Mindestdauer von einem Jahr voraus. Und, wie der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold die Komiker-Liste via taz wissen ließ, sieht die EP-Geschäftsordnung Überprüfungen von Abgeordneten-Rücktritten vor. „Die können sich hinziehen“, so Giegold – was den Stichtag hinauszögern und das Listen-Kalkül torpedieren würde.

Es sei „ein starkes Stück“, so Manfredini, „dass die mit schmutzigen Tricks auf unsere schmutzigen Tricks reagieren“. Die Rotation „mit bürokratischen Hürden zu verzögern“, sei „eine Machtmanifestation“. Nicht auch sinnvolles Mittel gegen den Missbrauch? „Wir haben andere Ideen von dem, was Missbrauch ist“, winkt er ab. Der Versuch jedenfalls, möglichst viele Leute unmittelbar am Mandat zu beteiligen, könne der Institution nicht schaden. Eher popularisiere er sie – und „was kann diesem Parlament besseres passieren als populärer zu werden?“  BES