Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Obwohl der 1952 von Robert Siodmak an Originalschauplätzen im Mittelmeer nahe der italienischen Insel Ischia gedrehte „The Crimson Pirate“ zu den bekanntesten Piratenfilmen gehört, zählt er nicht unbedingt zu den klassischen Vertretern des Genres. Denn eigentlich war der Piratenfilm immer auch ein Studiofilm: Da schon allein aus Kostengründen niemand auf die Idee gekommen wäre, echte Schiffe in die Luft zu jagen, konnte man vor der Erfindung des Computertricks nur in den Ateliers die wirklich beeindruckenden Seeschlachten mit Modellen in Wassertanks schlagen, bei denen die Schiffe Stück für Stück zerschossen wurden. Insofern fällt die Seeschlacht mit den echten Schiffen in „Der rote Korsar“ eher etwas dürftig aus: Außer ein bisschen Kanonendonner und -rauch ist da wenig los. Doch der Film steht generell in einem anderen Produktionszusammenhang und ist in erster Linie als Vehikel für die ehemaligen Trapezartisten Burt Lancaster und Nick Cravat zu sehen, die ihre zirzensischen Kunststücke in ähnlicher Weise zwei Jahre zuvor in dem Mittelalter-Abenteuerfilm „The Flame and the Arrow“ präsentiert hatten. Dazu passend treten in der Geschichte des Kampfes gegen einen schurkischen Gouverneur parodistische und burleske Handlungselemente in den Vordergrund. (OmU, 31. 5., Zeughauskino)

Bekannt für seine wagemutigen Stunts war bekanntlich auch Buster Keaton, der sich ja einst bei Dreharbeiten durch einen Sturz auf eine Eisenbahnschiene tatsächlich einen Genickbruch zuzog, der erst geraume Zeit später entdeckt wurde. Während Keaton diese Verletzung überlebte, hätte es bei einer Fehlkalkulation seines verblüffendsten Stunts in „Steamboat Bill, Jr.“ (Regie: Charles F. Reisner, 1928) wohl anders ausgesehen: Für die Szenen eines großen Orkans ließ Keaton von Windmaschinen eine zwei Tonnen schwere Häuserfront umblasen, die ihn beim Sturz aufgrund einer schmalen Fensteröffnung im Giebel nur um Haaresbreite verfehlt. Logisch, dass man diese Szene nur einmal drehen konnte, weniger logisch, dass die Versicherung die Aussicht auf einen mausetoten Star offenbar nicht beunruhigte. (OF, 3. 6., Arsenal 1)

Ein gewisser Körpereinsatz ist auch in dem britischen Comedy-Drama „The King‘s Speech“ vonnöten, denn der Herzog von York (Colin Firth), nachmalig König George VI. von England, muss als starker Stotterer unter Anleitung des australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue (Geoffrey Rush) beständig Sprachübungen machen. Der sympathische Film beleuchtet die im Kern wahre, jedoch frei erzählte Freundschaft zweier Menschen aus komplett unterschiedlichen Lebenssphären auf ebenso packende wie mitunter sehr amüsante Weise. (OmU, 2. 6., Open Air Kino Mitte (Central))