Einer ist frei im Irak: Bush
: Kommentar von Bernd Pickert

Nun ist es raus, was die überparteiliche Iraq Study Group unter Leitung des ehemaligen US-Außenministers James Baker kommende Woche empfehlen wird – und es ist eine komplette Enttäuschung, eine Nebelkerze, die zur Konfliktlösung im Irak nichts beiträgt und lediglich die Spin-Doktoren auf beiden Seiten des politischen Spektrums in den USA befriedigt.

Das Vorhaben, das US-Truppenkontingent um bis zu 75.000 Mann zu reduzieren, ist ohne Zeitplan versehen. Die Empfehlung, Syrien und Iran in eine Lösung einzubeziehen, ist bereits durchdebattiert, bevor der Bericht erscheint. Und die Ansicht, der Irakkrieg werde in Bagdad entschieden, ist ohnehin mehr Kriegstaktik als Friedensstrategie.

Dieses magere Ergebnis kann allerdings kaum verwundern: Es sollten Formulierungen gefunden werden, die Präsident Bush ausreichend Spielraum lassen. Denn spätestens seit dem Wahlsieg der Demokraten Anfang November war klar, dass es seiner Regierung nicht möglich sein würde, den eigentlich unverbindlichen Empfehlungen der Baker-Kommission zuwiderzuhandeln. Seitdem hat das Weiße Haus viel Druck ausgeübt, um die Kommission zu beeinflussen. Das ist gelungen. Im Ergebnis taugen die Kommissionsempfehlungen als Alibi, um zu behaupten, man verfolge eine Kursänderung – und gleichzeitig offen zu lassen, worin die bestehen sollte. Das ist das eigentliche Drama, an dem auch die Demokraten schuldig sind: Während der US-Wahlen wurde die Irak-Diskussion auf die Frage des Truppenabzugs reduziert. Aber eine Antwort darauf ist noch keine Strategie, schon gar keine konstruktive.

Eine solch politische Gesamtlösung sollte eigentlich die Kommission empfehlen. Ihre Vorschläge sind im Detail noch nicht bekannt – aber für die Einzelheiten dürfte sich die Öffentlichkeit nicht mehr interessieren, nachdem nun schon die bewusst vagen Kernbotschaften diskutiert werden. Am Ende bleibt: Nicht nur bewirkt die Baker-Kommission keine Wunder, sie taugt vielmehr zum „Weiter so“, das als Kurswechsel getarnt wird. Das allerdings war es nicht, was die US-WählerInnen am 7. November gewollt haben.

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