MEIKE LAAFF ÜBER NULLEN UND EINSEN EIN SELBSTFAHRENDES GOOGLE-AUTO, DEUTSCHE TAXIFAHRER UND EINE ETHIK FÜR ALGORITHMEN
: Ein Leben mit der Maschine

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Wortklauberei

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Jacinta Nandi

Die gute Ausländerin

Mittwoch

Matthias Lohre

Konservativ

Donnerstag

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Luft und Liebe

Freitag

Jürn Kruse

Fernsehen

Die Zukunft sieht ganz schön mickrig aus. So, als hätte man die Zeichnung eines Fünfjährigen in Plastik nachgebaut: weißgrau, klobig und mit dem Comic-Gesicht eines Koala-Bären.

Aber wenn diese Zukunft von Google präsentiert wird und es sich um dieses selbstfahrende Auto handelt, über das schon seit Monaten spekuliert wird, dann blickt man offenbar milde über diesen Designunfall hinweg und berichtet lieber über das Fahren von morgen. Ohne Lenker. Ohne Bremsen. Dafür mit jeder Menge Sensoren und künstlicher Intelligenz.

Und obwohl es erst mal nur hundert Prototypen geben soll und die Karre gerade einmal 40 Stundenkilometer auf den Tacho bringt, wird schon einmal das Ende der bemannten Taxifahrt ausgerufen, die nächste Stufe des Carsharing und der Himmel auf Erden für Pendler. Schließlich bastelt nicht nur der Suchmaschinenkonzern an autonomen Fahrzeugen – auch Autobauer wie Audi, Daimler und BMW arbeiten an entsprechenden Modellen. Forschungsinstitute sowieso.

Was alles klump wäre, stünde dahinter nicht die Überzeugung, dass Maschinen die besseren Autofahrer sind als wir. Sicherer, weniger Unfälle, die Technik soll das längst können. Einem echten Autoliebhaber geht es aber natürlich an Ehre und Kontrollreflex, bremsenlos der Technik beim Entscheiden zuzuschauen. Ganz zu schweigen von deutschen Taxifahrern, die ja schon Puls bekommen, wenn die Fahrdienst-App Uber ihnen Kunden wegschnappt.

Auch Politik und Versicherer müssten jetzt schnell Regeln erarbeiten, wer eigentlich schuld ist und zahlen muss, wenn ein selbstfahrendes Auto doch einmal in einen Unfall verwickelt ist.

Dabei sind die autonomen Autos nur die Spitze des Eisbergs: In immer mehr Bereichen des Lebens lassen uns Maschinen aussehen wie fehleranfällige Auslaufmodelle – von der Fertigung in Fabriken über Aktienhandel bis hin zur Prognose, welche Musik jemandem wohl gefallen dürfte. Auch in Bereichen, in denen wir mit unseren geistigen Fähigkeiten vermeintlich besser sind, holen sie immer mehr auf: In Wissenschaftsmagazinen wimmelt es nur so von Berichten über Maschinen, die besser Krankheiten diagnostizieren, journalistische Texte verfassen, Aufgaben von Juristen übernehmen können sollen oder uns Menschen nicht nur beim Jeopardy-Spielen plattmachen.

Wir werden nicht darum herumkommen, uns zu überlegen, wie wir mit Maschinen zusammenleben wollen. Denn von der smarten Prothese bis zum Pflegeroboter werden die Maschinen immer näher an uns heranrücken. Wie wollen wir damit umgehen, dass sie mit Hilfe großer Datenreservoirs Prognosen über unser Verhalten treffen, die für uns nicht mehr nachvollziehbar sind? Wer haftet, wenn Datenschluckauf, Systemfehler oder Hackerangriffe Schaden verursachen? Wie gehen wir damit um, dass Maschinen auch Höherqualifizierten immer häufiger die Jobs wegnehmen werden? Und welche Lebensbereiche wollen wir frei von Technik halten? Über eine Ethik für Algorithmen nachzudenken, Verantwortung und Grenzen ihrer Möglichkeiten zu verhandeln, wird knifflig werden.

Denn die Entscheidung, ob ein autonomes Fahrzeug im Zweifelsfall eher seinen Insassen oder einen voll besetzten Schulbus rettet, will man vielleicht nicht dem Gutdünken eines Programmierers überlassen.