heute in bremen: Musikalische Demokratieverstärkung
Hans Otte wird achtzig
taz: Sie haben Hans Otte in den vergangenen Jahren künstlerisch begleitet. Was fasziniert Sie an diesem Komponisten?
Ingo Ahmels, Musiker („dacapo“) und Otte-Forscher: Seine Klarheit und Direktheit – Musik besteht für ihn aus Klängen, die erst mal nichts anderes bedeuten als sie selbst. Otte arbeitet daher mit einfachen Harmonik-Bausteinen. In meinem Otte-Buch „Klang der Klänge“ habe ich seine Technik auf den Begriff „Klangkaleidoskopie“ gebracht.
Trifft ihn der gern despektierlich verwendete Begriff einer „Gemäßigten Moderne“?
Otte ist ein völlig unterschätzter, unaufdringlich Kreativer. Kompositorisch knüpft er an den Moment der Spätmoderne an, als Schönberg um 1911 einmal sehr kurz die Klavierklänge frei und „ihrem Triebleben“ überließ. Schönberg erfand jedoch mit der 12-Tontechnik alsbald ein neues Klangkorsett – das war Angst vor der eigenen Courage.
Mit 32 wurde Otte bei Radio Bremen der jüngste Musikchef der ARD. Wäre seine Arbeit in der heutigen Rundfunklandschaft noch denkbar?
Es ist weit und breit niemand zu sehen, der oder die sie so machen könnte. Seit der Wiedervereinigung entfiel auch der politische Grund für das Nachkriegskonzept der US-Army, den Wettbewerb der politischen Systeme über den staatlich stark zu fördernden Bereich Kunst auszutragen. Mit Neuer Musik, Literatur und informeller Malerei hatte man die Überlegenheit der westlichen Demokratie demonstrieren und Deutschland demokratisieren wollen.
Fragen: HB/Foto: „Hörzu“ (1949)
Öffentlicher Otte-Geburtstag: Sonntag ab 11.30 in der Villa Lesmona (St. Magnum) mit Klängen, Filmen, Buchvorstellung und kurzen Vorträgen
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