Peinlich reinlich

Dass man in der Schweiz vom Boden essen kann, liegt an den Männern. Neueste Erkenntnisse der Putzforschung

Der Schweizer Mann wird unterschätzt. Artig trägt er den Müll zur Tonne. Geduldig schwingt er das Bügeleisen. Er wringt und feudelt, wienert und schrubbt. Wie anders ist da der Deutsche. Sein Reich ist die Werkstatt, sein Auftrag der Bohrer. Den Unrat lässt er im Eimer verrotten. Wischlappen hält er für Frauenkram.

Das Meinungsforschungsinstitut „Research Plus“ untersuchte im Auftrag eines Hausgeräteherstellers Putzgewohnheiten in Deutschland, Belgien, der Schweiz und den Niederlanden. Wo leben die eifrigsten Bodenfeudler, wo die Spülbürstenabstinenzler? Und wo lässt Mann sich am ehesten dazu herab, beim Kloputzen zu assistieren?

Die Studie zeigt, wie stark die Vorlieben variieren. So kümmern sich 69 Prozent der Schweizer um die Müllentsorgung (Deutschland: 29 Prozent). 36 Prozent reinigen den Fußboden (Deutschland: 17 Prozent). Der deutsche Mann kann nur in zwei Kategorien punkten: Er bereitet dann und wann Essen zu – und spült anschließend die Teller ab.

In einem immerhin sind sich die Deutschen einig: Sie sind das Volk der Bügelverächter. Kaum jemand greift so ungern zum Eisen wie die deutsche Frau – und so selten wie der deutsche Mann. Das moderne deutsche Paar ruht in faltenreicher Bettwäsche. Seine T-Shirts trägt es auch mal im Knitterlook.

So liefert die Studie auch Tipps dafür, welcher Partner am ehesten die Putzfrau einspart. Den saubersten Kühlschrank hat eine Schweizerin, die mit einem Niederländer anbändelt. Aus Sicht der Badhygiene sind eine Deutsche und ein Schweizer das ideale Paar. Dort erfreut sich auch die Wäsche der größten Reinheit. Gezielt Belgier zu umwerben, lohnt sich hingegen kaum – sie schaffen es in allen Disziplinen nur ins Mittelfeld.

Erklärungen für den so unterschiedlichen Drang zu Herd und Putztuch liefert die Studie nicht. Immerhin bestätigt sie Ergebnisse von Wissenschaftlern des Instituts für anwendungsorientierte Zukunfsforschung in Berlin. Sie fanden heraus, dass deutsche Männer nur vier Minuten mehr pro Tag im Haushalt helfen als 1992. Und auch sie bemerken, dass der akkurat gestärkte Hemdkragen hierzulande an Relevanz verloren hat.

Ungeklärt aber bleibt ein Phänomen. Auch der Schweizer greift nicht ganz freiwillig zum Bügeleisen. Jeder zweite sagte: Mir wäre schon lieber, wenn meine Frau das macht. Warum drängt die Schweizerin ihren Mann ans Haushaltsgerät – während die Deutsche eher selbst aktiv wird? Ist der Schweizer nun ein fortschrittlicher Mann? Oder ist er ein Spießer, dem das reinliche Heim über alles geht? Noch bleiben viele Forschungsfragen offen. COSIMA SCHMITT