Der umstrittene Klimaschützer

Hinter ihm die Mitternachtssonne in Lappland, vor ihm ein traditionelles schwedisches Gericht. Lars Josefsson plaudert skandinavisch entspannt mal deutsch, mal englisch, mal schwedisch, mit Journalisten aus Europa, die er in diese Wildnis eingeladen hat. Thema: Das Engagement des Stromkonzerns Vattenfall bei den erneuerbaren Energien.

So einer müsste doch ein guter Klimabeauftragter sein. Doch als Josefsson gestern gemeinsam mit dem Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber zum Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Klimafragen ernannt wurde, hagelte es Kritik. Da wird der Bock zum Gärtner gemacht, monierten Umweltschützer.

Denn Josefsson ist Chef des schwedischen Vattenfall-Konzerns, der in Deutschland mehrere Braunkohlekraftwerke betreibt – eine ganz besonders klimaschädliche Form der Energiegewinnung.

Doch Josefsson bezeichnet genau diese Übernahme der ostdeutschen Kraftwerke durch den schwedischen Staatskonzern vor einigen Jahren als seinen Weckruf beim Klimaschutz. Schlagartig sei Vattenfall dadurch nämlich zum drittgrößten CO2-Emittenten von Kohlendioxid in Europa geworden. Mit Blick auf das EU-Emissionshandelssystem, das die Verschmutzung der Luft durch Kohlendioxid zum Kostenfaktor macht, also ein „beträchtlicher Unsicherheitsfaktor“, wie Josefsson heute sagt.

Für einen Mann, der eigene Patente auf Radarsysteme besitzt und auch mal Chef des Rüstungskonzerns Celsius war, ist Unsicherheit wohl nur schwer zu akzeptieren. Als Physiker sieht Josefsson Klimaschutz vor allem als technische Herausforderung. Es sei falsch, immer nur über Kosten und Opfer zu reden, sagt er seinen Managerkollegen stets. Vielmehr werde der Klimaschutz für technologische Entwicklungen sorgen.

Bei Vattenfall hat Josefsson schon mal angefangen. Das Unternehmen baut als Erstes an einem Kohlekraftwerk, das sein CO2 nicht mehr in die Luft bläst, sondern in Speicher unter der Erde. Eine umstrittene Technik, ebenso wie die Atomkraft, mit der auch Vattenfall Strom erzeugt und die für Josefsson aus Klimaschutzgründen unerlässlich ist. Ein neues AKW in Deutschland ist für ihn ebenso wenig Tabu wie alle anderen Technologien, mit denen möglichst klimaschonend Strom produziert werden kann. Geothermie, Wind, Biomasse, Brennstoffzellen – vieles davon ist bei Vattenfall im Einsatz oder Testbetrieb.

„Wir haben das Wissen, wir haben die Analyse. Jetzt müssen wir uns beteiligen und Einfluss nehmen“, sagt er. In seinem neuen Amt hat Josefsson nun dazu Gelegenheit.

STEPHAN KOSCH