Das Ding, das kommt
: Schaurige Novelle

In Theodor Storms SCHIMMELREITER kämpft ein Ingenieur mit den Geistern der Vergangenheit – ein Klassiker

Schimmel neigen im Alter zur Melancholie. Das haben Wissenschaftler und Pferdefreunde herausgefunden, aber der Schimmel von Hauke Haien tat das nicht: Er wurde ja nicht alt, denn als sich der nordfriesische Deichgraf aus Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ samt Pferd in die Fluten stürzte, war das Tier in den besten Jahren.

So düster und mysteriös wie das Ende ist die ganze – jetzt in Hamburg erklingende – Novelle vom Deichgrafen Hauke Haien, der partout einen neuen Deich bauen musste, ohne den alten zu reparieren. Und woher hatte Hauke eigentlich das weiße Pferd, das zuvor als Gespenst auf der Jevershallig herumgegeistert war? Warum waren die Pferdeknochen auf der Hallig plötzlich weg, als sei das Skelett auferstanden? Rätsel über Rätsel, die den Text zum Selbstgänger machten.

Dass vor allem Nichtfriesen die schaurige Geschichte lieben, kann ein Gerücht sein, muss aber nicht. Jedenfalls werden beim „Langen Schimmelreiter-Abend“ in Hamburgs Literaturhaus mit Mirko Bonné, Heinrich Detering, Arne Rautenberg und Ulrike Draesner vier Autoren aus Nord- und Süddeutschland die leicht gekürzte Novelle lesen. Stellvertretend für die Zugereisten mag Ulrike Draesner sprechen: „Damals und heute zog mich all das an, was man nicht sieht. Halbes Hören von Stimmen, halbes Sehen. Das Gespenst, das nicht nichts ist, nicht etwas – wie die Vergangenheit.“  PS

■ Di, 3.  Juni, 19.30 Uhr, Hamburg, Literaturhaus