Prolog auf den Weserwiesen

Das 3:1 gegen Hertha belegt: Werder hat gelernt, den ersten Schritt vor dem zweiten zu machen. Für Barcelona sind die Bremer gut gerüstet, gerade weil sie jeden Gedanken daran ausgeblendet haben

Von JENS FISCHER

Minusrekorde auf den Rängen, grottig öde Kicks, wenig Tore: die Bundesliga schwächelt. Sehnsucht nach der Winterpause, graues Einerlei … aber nein! Ein unbeugsames Team stemmt sich gegen den Trend, zeigt im nachmittäglichen Flutlichtglanz eines ausverkauften Stadions, dass nicht nur ein Job zwischen 15.30 und 17.15 Uhr zu erledigen ist, sondern man sich mit siegeswilliger Wucht, konzentriert zelebriertem Handwerk und ästhetischem Mehrwert profilieren möchte – für den Tanz auf dem internationalen Parkett, das morgige Champions League-„Endspiel“ gegen Barcelona.

Werder Bremen gegen Hertha BSC als Prolog, ein Einspielen mit kraftvoller Leichtigkeit. Man schaue nur auf einen schöngeistigen Ballverteiler wie Daniel Jensen. Der hält jetzt auch mal den Fuß drauf, grätscht gegnerische Angriffe ab und spielt dann im Angesicht bulligster Abwehrrecken millimetergenau in die Spitze. Und man schaue auf die Hertha, wo zwei Spielern vor der Abwehr nicht gelingt, was Torsten Frings allein schafft: Abfangjäger zu sein und Kreativstation der offensiven Spieleröffnung. Der Frings-Motor läuft auf Hochtouren, seine Antriebskraft zieht die Mitspieler mit. Schließlich schaue man sich die Klose-Show an: Nach Diegos Elfmeter-Führung und dem Glückstreffer des Berliners Simunić zum Ausgleich besorgt er noch vor der Pause ganz allein den 3:1-Sieg.

Am Samstag machte das Bremer Team einen weiteren Entwicklungsschritt: sich vor großen Festspielen auf die kleinen Pflichtübungen konzentrieren zu können. Mediendirektor Tino Polster hatte vorgelegt und ein Sprechverbot bei der Pressekonferenz vor dem Spiel verhängt: „Wir beantworten nur Fragen zum Spiel gegen Berlin.“ Volle Konzentration auf die Bundesliga, also auf eine Platzierung, die wieder zur Champions League-Teilnahme berechtigt – falls es am Dienstag schiefgehen sollte.

Werder würde dort mit einem Unentschieden fürs eigene Weiterkommen sorgen – und dafür, dass erstmals ein Titelverteidiger der Champions League in der Vorrunde scheitert. Möglich sei das, da waren sich alle nach Spielende einig, wenn Bremen so auftrete wie in Halbzeit eins gegen die Hertha: kompakt, aggressiv, variantenreich rochierend, schnell und kontrolliert den Ball laufen lassend. Weniger beispielhaft Halbzeit zwei: Weil Werder zu früh einen Gang zurückgeschaltet hatte, mussten die Spieler nun selbst sehr viel laufen. Das hat Kraft gekostet. Barcelona hat sich derweil geschont. Im Gastspiel der Primera División beim Tabellenfünfzehnten UD Levante spielte das Star-Ensemble cool bis müde, ließ Ronaldinho pausieren, ruhte sich auf Decos Freistoßtor aus – und musste zur Strafe mit einem 1:1 nach Hause fahren.

„Ich hoffe, dass ihr die weghaut“, outete sich Hertha-Trainer Falko Götz nach dem Spiel als Werder-Fan. „Gegen Barcelona, da bekommt keiner von uns mehr feuchte Hände“, gab sich Werder-Sportdirektor Klaus Allofs selbstbewusst. Er wird am Dienstag auf alle Fälle feiern – seinen 50. Geburtstag.