Zahl der Geburten steigt – zumindest vorläufig

DEMOGRAFIE Statistisches Bundesamt zählt 3,6 Prozent mehr Babys. Daten seien noch nicht vollständig

BERLIN taz/rtr/afp/dpa | In Deutschland kommen nach ersten Statistikzahlen wieder mehr Kinder zur Welt. In den ersten neun Monaten dieses Jahres verzeichnete das Statistische Bundesamt 509.500 Geburten und damit rund 18.000 mehr als im gleichen Zeitraum 2009. Das entspricht einem Geburtenanstieg von 3,6 Prozent – ein derart großes Plus hat es im letzten Jahrzehnt nicht gegeben.

Eine Sprecherin des Statistischen Bundesamts warnte, es sei voreilig, daraus auf einen Geburtenanstieg im Gesamtjahr zu schließen. „Es handelt sich um vorläufige Daten, die den Bearbeitungsstand in den Standesämtern widerspiegeln.“ Endgültige Zahlen für 2010 lägen erst im Herbst 2011 vor. Es könne gut sein, dass der tatsächliche Geburtenzuwachs deutlich niedriger ausfalle.

Der Grund: Das Bundesamt musste die vorläufigen Geburtenzahlen von Januar bis September 2010 mit den vorläufigen Geburtenzahlen aus dem Vergleichszeitraum 2009 vergleichen. Alles andere wäre statistisch nicht korrekt gewesen. Nur: „Die vorläufigen Daten 2009 waren sehr niedrig“, sagte die Sprecherin. „Die Differenz zwischen den vorläufigen und den tatsächlichen Zahlen war 2009 sehr viel größer als in allen anderen Jahren.“ Der Bearbeitungsstand in den Standesämtern habe 2009 hinterhergehinkt. Aus Sicht der Statistiker kein Problem, es handelt sich schließlich nur um vorläufige Zahlen. Die Repräsentativität der Daten allerdings wird damit fragwürdig.

Bis auf einen Ausreißer im Jahr 2007 bei der Einführung des Elterngeldes ist die Zahl der Geburten in Deutschland seit mehr als einem Jahrzehnt rückläufig. Der sich jetzt abzeichnende Geburtenzuwachs – unabhängig von seiner tatsächlichen Höhe – ist deswegen bemerkenswert, weil die Zahl der potenziellen Mütter seit langem kontinuierlich sinkt. Die Gruppe der 15- bis 45-jährigen Frauen, die aufgrund ihres Alters überhaupt Kinder bekommen können, nimmt jährlich um etwa 300.000 ab. Sollte sich nun herausstellen, dass die absolute Zahl der Geburten in Deutschland wächst, dann würde dies bedeuten: Es gibt zwar weniger potenzielle Mütter, doch diese bekommen mehr Kinder. Erweist sich dieses Wachstum als stabil, dann dürfte das die Geburtenrate nach oben treiben. Sie liegt seit einigen Jahren zwischen 1,36 und 1,38 Kindern pro Frau.

Das Familienministerium bleibt zurückhaltend. „Wenn sich alles bewahrheitet, dann freut sich unser Haus natürlich“, sagte eine Sprecherin. Umfragen zufolge habe der Kinderwunsch bei Paaren zugenommen – trotz der Krise. Das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung seien politische Antworten hierauf. HH