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: DOMINIK ELTGES über eine rein deutsche Disko in Brüggen

Eine Diskothek hat Angst. Vor Eskalation, vor Gewalt, vor fremd Aussehenden. Davor, den „guten Ruf“ zu verlieren. Jugendliche anderer Nationalitäten haben im „Brösel“ an der Borner Straße in Brüggen keinen Zutritt mehr. Sie werden von den Türstehern abgewiesen. Sie entscheiden nach dem Aussehen, lassen sich die Ausweise zeigen. „Das ist ein klarer Fall von Diskriminierung“, so der Kreisvorsitzende der Jusos Daniel Bembennek. Mit Unverständnis haben die Jungsozialisten im Kreis Viersen die Entscheidung der Diskothek aufgenommen, dass „Ausländer“ zwar als Personal gern gesehen werden, aber als Gäste nicht. Zudem seien bisher hauptsächlich Deutsche gewalttätig geworden.

Jörg Johannböke, der Berater des Brösel und ehemaliger Inhaber, verteidigt die neuen Regeln: „Auch eine Diskothek ist kein rechtlicher Freiraum.“ Die Tanzmeile besteht seit 1998. Dass die Diskothek nun von ihrem Hausrecht Gebrauch macht, hat seine Vorgeschichte. Schon seit einiger Zeit werden „auffällig angezogene“ Jugendliche abgewiesen. „Das gilt auch für Deutsche“, betont Johannböke. „Entscheidend seien die Optik und das Bauchgefühl der Türsteher“.

Michaels Optik hat den Türstehern offenbar nicht gefallen. Der zwanzigjährige Deutsche indischer Abstammung ist seit vier Jahren regelmäßig Gast des Tanzlokals. Nie war er in Ausschreitungen verwickelt. Trotzdem: die neue Regel gilt auch für ihn. Für den jungen Mann ist das sehr erschütternd. „Ja, ich habe eine dunklere Hautfarbe. Aber einen deutschen Pass habe ich schon länger als manch anderer. Da fühle ich mich diskriminiert. Vor allem, weil man mich auf einmal nicht mehr kennen wollte.“

Der abgewiesene Jugendliche lebt seit 18 Jahren bei seinen Adoptiveltern in Brüggen. Er engagiert sich im Pfarrgemeinderat und leitet eine Jugendgruppe im Pfarrverband Brüggen-Bracht-Born. Seit vier Jahren geht er mit Freunden ins „Brösel“. „Das ist Rassismus“, sagt er. Diesen Vorwurf will Johannböke nicht auf sich sitzen lassen. „Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Gästen und müssen die Jugendlichen schützen.“ Er sei keinesfalls ausländerfeindlich, aber es sei das Recht eines Eigentümers, die Gäste auszusuchen.

Die Jusos sehen dieses Recht nicht. „Natürlich sind wir auch dafür, präventiv gegen Gewalt vorzugehen“, sagt Bembennek. Auf diese Weise sei das Problem aber nicht gelöst. „Gerade in Zeiten, in denen Politik und Gesellschaft auf allen Ebenen versuchen, Menschen mit verschiedenem kulturellen Hintergrund in die Gesellschaft zu integrieren, ist so was kontraproduktiv“, mahnt der Juso-Vorstand. Man fordere die Politik in Brüggen auf, Stellung zu beziehen.

Das hat Bürgermeister Gerhard Gottwald (CDU) getan: „Das ist ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz. Man kann nicht ganze Personengruppen diskriminieren“, sagt er. Die Gemeinde Brüggen will die Disko dringend auffordern, ihre „ausgrenzende Attitüde“ sofort zurückzunehmen. Und übrigens: Michaels Freunde haben sich vorgenommen, nicht mehr im „Brösel“ zu feiern.