Bergbaugegner fordern Mitspracherecht

Anwohner warnen vor der Fortführung des Kohleabbaus und fordern einen Platz am Verhandlungstisch. Grüne nehmen SPD-Forderung nach Kohlesockel ernst. Fraktionsvize Priggen: „Bundes-CDU will Koalitionskrach vermeiden“

DÜSSELDORF taz ■ Die Bergbaugegner in Nordrhein-Westfalen fühlen sich schlecht behandelt. Die vom Bergbau betroffenen Bürger müssten an den Verhandlungen zur Zukunft der Deutschen Steinkohle beteiligt werden, sagte Klaus Friedrichs vom Landesverband der Bergbaubetroffenen (LVBB). Bei den Gesprächen seien „soziale Kriterien“ anzuwenden, die nicht nur den sozialverträglichen Abbau beinhalteten, sondern auch „von sozialer Verantwortung gegenüber den Bergleuten geprägt sind“. Im LVBB sind alle Bürgerinitiativen der Bergbaustandorte in NRW zusammengeschlossen.

Rechtsanwalt Friedrichs wies dabei auf die Risiken hin, die für die Anwohner bestünden: „In Sachen Hochwasser gibt es keine Sicherheit. Eine Überflutungsgefahr am Rhein kann nicht ausgeschlossen werden.“ Besonders die Anwohner des rechtsrheinischen Bergwerks Walsum, das im Jahr 2009 geschlossen werden soll und des linksrheinischen Bergwerks West in Kamp-Lintfort seien vom Abbau unter dem Rhein betroffen. Außerdem seien die Folgeschäden des Abbaus für Bund, Land und Bürger unüberschaubar.

Einen von der SPD in die Kohlegespräche eingebrachten Sockelbergbau von zwei bis drei Bergwerken lehnte der Verband als „nicht zielführend und in einer globalisierten Welt unrealistisch“ ab. „Wir unterstützen dabei die Linie der nordrhein-westfälischen Landesregierung“, so Friedrichs. Schwarz-gelb fordert einen möglichst schnellen Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) macht zudem den für das kommende Frühjahr geplanten Börsengang des Essener RAG-Konzerns vom Kohleausstieg abhängig. Die RAG will die Kohletochter Deutsche Steinkohle in eine Stiftung überführen und mit dem Restbereich Immobilien, Energie und Chemie an die Börse gehen. Die Haftung für den jährlich mit 2,5 Milliarden Euro subventionierten Bergbau soll der Bund übernehmen.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Reiner Priggen, warnte davor, das „Gespenst des Sockelbergbaus“ wieder zu beleben. „Sollte Peer Steinbrück dem Sockelbergbau zustimmen, müsste er als Finanzminister eigentlich zurücktreten“, so Priggen. Der Sozialdemokrat hatte das Thema vergangene Woche auf Druck seiner Partei in den Kohlegipfel eingebracht. Das Spitzengespräch zwischen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Steinbrück, RAG-Chef Werner Müller, dem Chef der Bergbau-Gewerkschaft IG BCE, Hubertus Schmoldt und den Ministerpräsidenten der kohlefördernden Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland, Jürgen Rüttgers und Peter Müller (CDU), blieb daraufhin ohne Erfolg.

„Man muss die Position der SPD ernst nehmen“, sagt Priggen. Ein sozialverträglicher Ausstieg sei seiner Meinung ab dem Jahr 2015 möglich. Nach den neusten Diskussionen müsse man aber befürchten, dass die Sozialdemokraten in den Verhandlungen hart bleiben und an einen Sockelbergbau über das Jahr 2018 hinaus festhalten werden. Und auch bei den Christdemokraten im Bund ist sich Priggen nicht allzu sicher: „Die CDU zahlt eher drauf, als dass sie einen Koalitionskrach anzettelt.“

CDU und SPD wollen am 13. Dezember im Berliner Koalitionsausschuss eine Entscheidung darüber treffen, wie lange in den Zechen Nordrhein-Westfalens und des Saarlandes noch Kohle gefördert werden soll. Einen Tag später sollen Bundesregierung, die Ministerpräsidenten, Werner Müller und Hubertus Schmoldt zu einem neuen „Kohlegipfel“ zusammenkommen.

HOLGER PAULER