Der östliche Western

HIPPEN EMPFIEHLT In „The Good, the Bad, The Weird“ von Kim Ji-woon kehrt Sergio Leones Kino zu seinen asiatischen Ursprüngen zurück

Viele altbekannte Westernelemente wie der Kampf im Saloonoder der Steckbrief mit dem im Laufe des Films immer höher werdenden Kopfgeld bekommen alleine dadurch einen surrealen Dreh, dass das Personal durchweg koreanisch ist und der Regisseur Kim Ji-woon weiß natürlich um die Absurdität jeder Szene

VON WILFRIED HIPPEN

„The Good, The Bad and The Ugly“ ist der englische Titel von Sergio Leones „Zwei glorreiche Halunken“ - aber das wissen natürlich all jene längst, für die „Joeun Nom, Napeun Nom, Isanghan Nom“, der erfolgreichste südkoreanische Film von 2008, jetzt endlich in einem Kino in Bremen gezeigt wird. Leone hatte die Grundideen für seine ersten Western ja bei Akira Kurosawa geklaut, und so ist es nur recht und billig, wenn sich nun ein asiatischer Genreregisseur reichlich bei ihm bedient.

Der Wilde Westen des Ostens ist hier die Mandschurei der dreißiger Jahre. Dort können Horden von faschistischen Japanern das Land unsicher machen, dort herrscht Gesetzlosigkeit und Probleme werden mit Schusswaffen gelöst, dort gibt es Wüsten zum Verdursten, Hüttensiedlungen mit finstren Spelunken und eine Eisenbahn, wie geschaffen für einen Überfall.

Mit solch einem typischen Versatzstück des Genres beginnt der Film dann auch und zwischen den fliegenden Kugeln ist eine zugleich rasante und komische Exposition verborgen, durch die wir die drei Helden gleich in voller Fahrt kennen lernen.

Während sich „der Gute“ mit Cowboyhut und Pistolengürtel und „der Böse“ in feinem Zwirn im Stil von Lee van Cleef an den Dresscode des Genres halten, trägt „der Seltsame“ eine Lederkappe mit Schutzgläsern und fährt auf einem Motorrad herum. Die drei sind hinter einer Schatzkarte her, jagen und beschießen einander ständig und gehen dabei wechselnde, kurz bestehende Allianzen ein, bis es zu der Dreiervariante des finalen Duells kommt, die ähnlich virtuos in die Länge gestreckt wird wie bei einst bei Leone.

Viele altbekannte Westernelemente wie der Kampf im Saloonoder der Steckbrief mit dem im Laufe des Films immer höher werdenden Kopfgeld bekommen alleine dadurch einen surrealen Dreh, dass das Personal durchweg koreanisch ist und der Regisseur Kim Ji-woon weiß natürlich um die Absurdität jeder Szene. Er reiht hier zwar Actionszenen aneinander, aber inszeniert sie eher auf Lacher als auf den Thrill hin.

Und während er „den Guten“ und „den Bösen“ als reine Comicfiguren ohne Persönlichkeit zeichnet, macht er aus „dem Seltsamen“ den heimlichen Hauptdarsteller des Films. Im Original war Eli Wallach „The Ugly“. Hier spielt Song Kang-ho, der auch schon in „The Host“ als der dusselige Vater sehr komisch war, den Spitzbuben als ein Schlitzohr, das längst nicht so klug ist, wie es zu glauben scheint und so immer schön in die Falle tappt.

Dabei tut er alles nur, um seinem alten Mütterchen zu helfen, das in einem Geschirrschrank wohnt und auch während der größten Rauferei nur freundlich lächelt. „Der Seltsame“ scheint aus einem Bauernschwank in den Film hineingewandert zu sein und stiehlt mit seinem tölpelhaften Witz den beiden typischen Westernhelden ständig die Show.

Stilistisch hat „The Good, The Bad , The Weird kaum noch etwas mit Leones Vorlage zu tun. Statt dessen Verlangsamung und extremen Nahaufnahmen sind die Actionszenen bei Kim JI-woon extrem schnell inszeniert und geschnitten. Die Kamera ist ständig in Bewegung und viele Spezialeffekte entstanden offensichtlich am Computer.

Und wenn als musikalisches Leitmotiv immer wieder der Disco-Klassiker „Don‘t let me be Misunderstood“ von Santa Esmeralda mit seinen schmissigen spanischen Gitarren genutzt wird, ist dies weit weg von Ennio Morricone und erinnert eher an die musikalischen Zitate von Quentin Tarantino. Aber gerade dieses thematische und stilistische Durcheinander macht den Film so interessant, denn man spürt den Übermut, mit dem Kim Ji-woon sich hier aus allen möglichen Schubladen bedient. Und wann gab es den letzten auch nur halbwegs erträglichen Western im Kino?