DIE RENTE IST SICHER. DIE GESCHICHTE DER DDR IST ES NICHT

Was dem Konsumenten die Bedienungsanleitung vom Hersteller, ist dem Bürger bekanntlich der Fragebogen vom Amt. Beide vermitteln beim Lesen vor allem das Gefühl, dass der Verfasser irgendwie nicht von dieser Welt ist. Was ja auch stimmt. Der Unterschied ist nur, dass Bedienungsanleitungen in irgendeiner taiwanesischen Hinterhofklitsche von dudenfreien Praktikanten zusammengefrickelt werden, während die in ihrem Beamtenstubenuniversum abgekapselten Bürokraten beim Erfinden ihrer Ankreuzworträtsel den Duden benutzen. Dass dies zur Vermeidung von Unklarheit bei den Befragten nicht reicht, mussten gerade wieder die Sprachtüftler der größten geschlossenen Bürokratieanstalt Deutschlands erfahren. Aus dem Raumschiff BfA, das die ferne Welt der Rente für die Deutschen erkundet, wurde an tausende ostdeutscher Bundesbürger ein Formular verschickt, das im Prinzip eindeutige Fragen enthält (siehe Faksimile): „Waren Sie Generalsekretär der SED?“ oder „Waren Sie Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates?“ oder „Waren Sie Vorsitzender des Staatsrates oder Vorsitzender des Ministerrates?“ Nachdem die ersten ausgefüllten Fragebögen zurückkamen, ist die Verwirrung in der Rentenbude jedoch groß. Eigentlich hatte man dort mit nur wenigen Ja-Kreuzen gerechnet, doch bis heute haben sich bereits 123 Generalsekretäre der SED gemeldet, dazu 54 Vorsitzende des Nationalen Verteidigungsrates und 87 Ministerratsvorsitzende der DDR. Dabei hieß es doch immer, dass die DDR-Spitzengenossen ihren Job auf Lebenszeit innehatten. Die völlig verunsicherten BfAler leiten die Akten der betreffenden Personen jetzt erst mal an den Stern weiter, wo geklärt wird, ob die Geschichte der DDR womöglich umgeschrieben werden muss. GUNNAR LEUE