Fidschi: Militär putscht sich an die Macht

Armeechef verspricht Bildung einer Übergangsregierung. Australien und Neuseeland greifen nicht militärisch ein

SYDNEY taz ■ Es war der wohl am längsten angekündigte Putsch der Geschichte. Seit Oktober hatte Fidschis Armeechef Frank Bainimarama mit einem Putsch gedroht. Gestern um 18 Uhr Ortszeit erklärte die Armee nun tatsächlich die Übernahme der Macht auf der Inselgruppe im Südpazifik. Wie Bainimarama vor den Medien in der Hauptstadt Suva meinte, habe er Premierminister Laisenia Qarase abgesetzt. Dieser meldete sich kurze Zeit darauf und erklärte, er stehe unter Hausarrest. Laut Bainimarama hat das Militär die Regierung übernommen und verfüge „über die exekutive Gewalt und führt das Land“.

Seit Montag hatte die Armee Straßensperren aufgebaut, die Polizei wurde entwaffnet. Zu Gewaltakten scheint es nicht gekommen zu sein. Bainimarama stellte die Bildung einer Übergangsregierung in Aussicht. Ein Militärarzt solle interimistisch das Amt des Premierministers übernehmen. Danach werde Präsident Ratu Josefa Iloilo Wahlen ausrufen. Armeechef Bainimarama sieht sich als Vertreter der indischstämmigen Minderheit, deren Diskriminierung er dem nun abgesetzten Regierungschef Qarase seit langem vorwirft. Vor allem kritisierte der Kommandant, dass Qarase jene Rebellen amnestieren wollte, die im Jahr 2000 den damaligen ersten indischstämmigen Premier gestürzt hatten. Eine Gruppe um den gescheiterten Geschäftsmann George Speight hatte Mahendra Chaudhry und Mitglieder seiner Regierung wochenlang festgehalten. Speight wurde später zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der jüngste Staatsstreich ist der vierte Putsch in 19 Jahren. Die beiden Nachbarstaaten Neuseeland und Australien kritisierten den Schritt Bainimaramas heftig. Der Militärchef habe vollkommen den Verstand verloren, urteilte die neuseeländische Ministerpräsidentin Helen Clark. Er habe die Verfassung des Landes zerrissen und „aus dem Fenster geworfen“. Wie Australien kündigte Neuseeland an, auf einen Ausschluss der Fidschi-Inseln aus dem Staatenbund Commonwealth zu dringen. Ein militärisches Eingreifen lehnten aber sowohl Australien als auch Neuseeland ab. Er wolle „keine Situation sehen, in der sich australische und fidschianische Truppen in den Straßen von Suva gegenüberstehen“, so der australische Premierminister John Howard.

Seit Jahren versuchen Australien und Neuseeland mittels Entwicklungsgeldern und militärischen Hilfseinsätzen eine wachsende Zahl kleiner Nachbarstaaten vor dem politischen und sozialen Zerfall zu bewahren. Seien es ethnische Konflikte in den Salomonen, sei es der Ruf nach Demokratie in Tonga oder die Eskalation der Armut in Papua-Neuguinea: In immer mehr Ländern droht die Anarchie.

Vor allem die nun ausgesprochenen Reisewarnungen für die Inseln treffen die wichtigste Einnahmequelle der Pazifiknation. Rund 400.000 Besucher kommen jährlich nach Fidschi, um im „Südseeparadies“ atemberaubende Strände und eine einzigartige Natur zu genießen. Mehrere Prominente besitzen in Fidschi ihre eigenen Inseln, unter ihnen der US-Schauspieler Mel Gibson.

URS WÄLTERLIN