Der Porsche wird zum Volkswagen

Der Sportwagenhersteller meldet Milliardengewinn und will VW-Fabriken zu seiner verlängerten Werkbank machen

STUTTGART taz ■ Porsche wird ein wenig mehr Volkswagen. Das neue Modell des Geländewagens „Cayenne“, das im Februar auf den Markt kommt, wird im VW-Werk im slowakischen Bratislava komplett vorproduziert. Bei Porsche im Werk Leipzig wird dann nur noch der Motor aus dem Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen eingebaut. Auch das von dem Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking gestern auf der Bilanzpressekonferenz von Porsche für das Jahr 2009 offerierte neue Sportcoupé Porsche „Panamera“ bekommt seine Karosserie inklusive Lackierung im VW-Werk in Hannover verpasst; bei Porsche in Leipzig kommen das Interieur und der Motor aus Zuffenhausen hinzu.

So eine enge Zusammenarbeit gab es schon mal. Doch der in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts in Zusammenarbeit mit VW entwickelte preiswerte „Volksporsche“ war kein Renner. Der Klientel von VW war er immer noch zu teuer – und den Porsche-Fans zu popelig. Aber Porsche geht es nicht mehr um mengenmäßiges Wachstum: „Unsere Geschäftspolitik ist ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel ergebnisorientiert und nicht rückzahlorientiert“, sagt Wiedeking. Und deshalb diene das Engagement von Porsche bei Volkswagen auch nicht kurzfristigen Renditezielen, sondern sei „auf Dauer angelegt“. Man werde VW als „verlängerte Werkbank“ nutzen und dabei mit Argusaugen auf die Qualität der Produktion achten.

Porsche hält mittlerweile 27,4 Prozent an Europas größtem Autobauer VW. Und weil der Aktienkurs von Porsche seit der Aufstockung der Anteile explodiert und auch bei VW gestiegen ist, sollen nach 2,5 Prozent Volkswagenaktien dazu aufgekauft werden. Übernimmt also der kleinste selbstständige Autobauer der Welt demnächst den größten des Alten Kontinents? Die Spekulationen darüber füllen seit Monaten die Seiten der Fachpresse. Wiedekind winkte gestern „zunächst“ ab. Bei einem Anteil an VW von 29,9 Prozent sei Schluss, sagte er. Bei 30 Prozent müsste er ein Pflichtangebot für die restlichen 70 Prozent unterbreiten.

Den Einstieg bei VW vergleicht Wiedeking mit einem „Schachspiel“. Allein die Erklärung vor mehr als einem Jahr, sich bei VW verstärkt einkaufen zu wollen, sei ein „geplanter, strategischer Zug“ gewesen, der die Ordnung auf der Mitspielerseite „ordentlich durcheinandergewirbelt“ habe, freute sich Wiedeking.

Der Porsche-Boss platzt vor Selbstbewusstsein aus allen Nähten. 2,11 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern hat das Unternehmen im Geschäftsjahr 2005/2006 erwirtschaftet, fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Die Aktionäre kriegen eine fette Rendite von knapp 6 Euro plus 3 Euro „Brummzulage“ pro Aktie. Und auch die Beschäftigten gehen vor Weihnachten nicht leer aus. 3.500 Euro Bonus werden pro Kopf an 8.257 Mitarbeiter der AG ausgeschüttet; im gesamten Konzern arbeiten mehr als 11.000 Menschen (plus 3,8 Prozent).

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT