Weniger kämpfen, mehr ausbilden

Die Baker-Hamilton-Kommission fordert Präsident Bush zu einer neuen Herangehensweise im Nahen Osten auf

„Ein Abrutschen ins Chaoskann eine humanitäre Katastrophe im Irak verursachen“

WASHINGTON taz ■ Die überparteiliche Baker-Hamilton-Kommission hat der Bush-Administration im Nahen Osten in erster Linie diplomatische Offensiven empfohlen. Diese sollen mittelfristig die Voraussetzung für einen Abzug der US-Truppen aus dem Irak schaffen. In ihrem gestern dem Präsidenten übergebenen Bericht warnte die Expertengruppe davor, dass der Irak ins Chaos abzugleiten drohe, wenn die USA nicht eine neue Herangehensweise wählten. US-Soldaten sollten sich künftig aus Kämpfen heraushalten und sich auf die Ausbildung irakischer Kräfte konzentrieren. Bush sagte dem Kommissionsvorsitzenden James Baker zu, die Vorschläge ernsthaft prüfen zu wollen.

Das mit jeweils fünf Demokraten und Republikanern besetzte Gremium hatte die Irakpolitik Bushs unter Leitung von Exaußenminister Baker neun Monate lang überprüft. In ihrem Bericht stellt die Gruppe fest, fast vier Jahre nach dem US-Einmarsch in den Golfstaat sei die Lage dort „schlimm und sich weiter verschlechternd“. Weiter heißt es, ein „Abrutschen ins Chaos kann den Kollaps der irakischen Regierung und eine humanitäre Katastrophe verursachen“, „Nachbarländer könnten eingreifen“ und „al-Qaida könnte einen Propagandasieg erringen“.

Um dies zu vermeiden, empfiehlt die Kommission der Regierung „neue und verbesserte diplomatische und politische Bemühungen im Irak und der Region“. Die Experten schlagen vor, Iran und Syrien direkt an der Suche nach einer Lösung zu beteiligen – eine Ansatz, den Bush bislang abgelehnt hatte – und die Ausbildung der irakischen Streitkräfte schnell zu intensivieren. Zudem soll Bush die irakische Regierung mit der Androhung unter Druck setzen, ökonomische und militärische Hilfen zu reduzieren, sollte sich Bagdad weigern, gewisse Schritte zur Verbesserung der Sicherheit einzuführen.

Bush selbst räumte ein, die Kommission habe die Lage im Irak schonungslos beurteilt. Baker hatte den Präsidenten bereits am Dienstag persönlich über die Ergebnisse informiert. Der 76-Jährige gilt als enger Vertrauter der Bush-Familie. Das Präsidialamt verwies anschließend darauf, dass auch die Kommission keine Zauberformel für die Lösung des Irakkonflikts habe. AW