„Wünsche mir nicht viel Veränderung“

BLICK IN DIE ZUKUNFT Gisela Renner ist 50 Jahre alt und schreibt zurzeit ihre Doktorarbeit. Sie will Professorin an der Fachhochschule werden

„Ich bin glücklich mit meinem Leben, so wie es ist“

„Wenn ich an die Zukunft denke, dann zuerst einmal an die Abgabe meiner Doktorarbeit. In ein paar Monaten will ich damit fertig sein. Das ist auch gut so. Seit 2007 sitze ich daran. Es macht Spaß, sich so intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. Aber eigentlich arbeite ich wahnsinnig gerne mit Menschen. Ich habe eine Ausbildung als Sozialarbeiterin, auch Theaterpädagogik habe ich studiert.

In den 90er Jahren war ich als Sozialarbeiterin in Kreuzberg tätig. Das war die Zeit der Gangs, viele Jugendliche liefen mit Waffen herum. Irgendwann bin ich an meine Grenzen gestoßen. Diese Art von Jugendarbeit kostet viel Kraft, man muss sich ständig durchsetzen und beweisen, vor allem als Frau. Ich war auch frustriert davon, dass wir immer versuchten, den Jugendlichen zu helfen, aber an den Strukturen dahinter änderte sich nichts.

Dann habe ich Kontakt bekommen zu Professor Leo Penta, der das Konzept des „Community Organizing“ von den USA nach Deutschland gebracht hat. Dabei geht es darum, eine Plattform für Bürger zu entwickeln, wo Probleme vor Ort benannt und gemeinsam Lösungen gesucht werden. Das hat mich begeistert, weil es politisch wirksam ist, aber den Leuten auch individuell weiterhilft. Ich ließ mich selbst zur Community-Organizerin ausbilden und lehre das seitdem an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Karlshorst.

Über Community Organizing und die Inszenierung von öffentlichem Leben schreibe ich jetzt auch meine Doktorarbeit. Mein Ziel ist es, danach eine halbe Professur zu bekommen, möglichst an der Katholischen Hochschule, und gleichzeitig als Organizerin weiterarbeiten zu können. Das wäre ein Traum.

Ansonsten wünsche ich mir gar nicht viel Veränderung. Ich bin glücklich mit meinem Leben, so wie es ist. Ich habe eine gut funktionierende Familie, eine Tochter, eine Schwester mit Kindern, meinen Mann. Wenn einer von uns Hilfe braucht, sind wir füreinander da.

Das heißt: Einen Wunsch hätte ich schon. Wir wohnen am Maybachufer in Neukölln. Da gibt es seit neuestem an Markttagen Bands, die direkt am Wasser Musik machen. Das ist schön und gut. Aber man sollte doch testen, ob diese Musiker auch wirklich spielen können. Denn wenn man dreimal die Woche Leute vor dem Fenster hat, die nicht mal den Takt halten können, nervt das einfach.“ PROTOKOLL: ALL