Gewaltspiele sind Symptom
: KOMMENTAR VON Bettina Gaus

Küchenmesser und Wagenheber eignen sich vorzüglich dazu, andere Leute umzubringen. Trotzdem sind sie nicht verboten. Das ist vernünftig, denn so ließe sich kein einziger Mord verhindern. Küchenmesser und Wagenheber sind nämlich nicht die Ursache der Taten. Außerdem wäre ein Verbot auch gar nicht durchsetzbar. Das haben Küchenmesser und Wagenheber mit Killerspielen gemeinsam.

Wer eine Forderung erhebt, gibt damit stets einiges über sich selbst preis. Wir alle wissen jetzt viel über die Leute, die nach einem Verbot bestimmter Computerspiele rufen. Zum Beispiel, dass sie selten oder nie im Netz unterwegs sind. Sonst wüssten sie, dass die Forderung nach einem solchen Verbot – unabhängig davon, ob es wünschenswert wäre – ähnlich realistisch ist wie der Wunsch, Erdbeben oder Missgunst zu untersagen. Internet-Zensur ist eine komplizierte Sache, und die Grenzen der nationalen Gesetzgebung sind im Zeitalter der Globalisierung eng gesteckt. Wie einem jeder jugendliche Hacker erklären kann.

Aber wir wissen ja jetzt auch, dass die Befürworter eines Spieleverbots ein seltsames Bild von Jugendlichen haben. Einmal unterstellt, es ließe sich doch durchsetzen – was wäre wohl die Folge? Dass alle vormaligen Freunde von Gewaltspielen sich im Netz dann nur noch mit der Bearbeitung von Wikipedia-Einträgen befassten? Das ist lächerlich. Verbotene Früchte schmecken süß: Vermutlich ließe der verruchte Zauber der Illegalität den Umsatz der Spiele sprunghaft in die Höhe schnellen.

Auch dann würde jedoch die überwältigende Mehrheit der Spieler die Software nicht benutzen, um ein Blutbad vorzubereiten. Es wird auch nicht jeder ein Auftragskiller, der in seiner Kindheit als Revolverheld zum Fasching ging. Und die meisten Küchenmesser sind nur für Zwiebeln gefährlich. Wer Gewaltspiele verbieten will, verwechselt Krankheit mit Symptom.

Weder die Probleme jugendlicher Gewalttäter noch die Gefahr, die von ihnen ausgeht, sind durch Verbote zu beseitigen. Verzweiflung lässt sich nicht verbieten. Etwas allerdings würde erreicht: Auf Tipps aus der Szene – wie jetzt in Baden-Württemberg – dürfte die Polizei nicht mehr hoffen.