Toter Weihnachtsmann

Im Ostfriesischen nimmt die weihnachtliche Beschaulichkeit ein jähes Ende – zumindest im Krimi

„Jetzt stutzte Fabricius. Er blieb stehen und drehte sich um. Er betrachtete den Weihnachtsmann, der neben dem Pavillon hing, und ging langsam zu ihm zurück. Je näher er dem Weihnachtsmann kam, umso deutlicher erkannte er, dass dort keine Puppe hing, sondern ein Mann, verkleidet wie ein Weihnachtsmann mit rotem Mantel, weißem Bart und tief ins Gesicht gezogener roter Mütze. Regungslos, mit Raureif überzogen. Tot.“ Grundgütiger, da konnte einem die Freude auf das Heilige Fest schon vergehen. Wer war bloß so herzlos, einen Weihnachtsmann zu erhängen? Die Antwort gibt Autor Andreas Scheepker in seinem Ostfriesenkrimi „Morgen kommt der Weihnachtsmann“.

Eigentlich war es ganz beschaulich im Fürstentum Ostfriesland: Seine Hoheit Carl Edzard II erließ die Dekrete und der gemeine Pöbel hielt sich daran. So war es jedenfalls, bevor Geschäftsmann Tammo Tjarksen das ungeschriebene Gesetz „Advent ist im Dezember“ brach und den Totensonntag zum „Nullten Advent“ erklärte. Diesen Frevel musste er offenbar mit seinem Leben zahlen, denn Tjarksen war der tote Weihnachtsmann.

Nun liegt es auf der Hand, dass der Fürst für dessen Ableben verantwortlich war, aber ganz so einfach macht es sich der Autor nicht. Scheepker, Kriminalautor, Seelsorger und Leiter der evangelischen Jugendbildungsstätte Asel, entwirft eine Parallelwelt „Fürstentum Ostfriesland“, indem er dem echten Ostfriesland erfundene Orte und Personen hinzufügt. Neben dem Herrscher gibt es auch Gewerkschaften im Fürstentum und sogar eine Kommissarin, die – wie im wirklichen Leben auch – gegen die Intoleranz in der Männerdomäne ankämpfen muss.

Der Roman besticht durch die herbe Schönheit der Landschaft und den rauen Charme der einheimischen Bevölkerung. „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ ist nicht nur ein spannender Krimi, sondern auch eine amüsante Beschreibung einer Zeit, die statt von Besinnlichkeit vom Konsumrausch bestimmt ist. BIRGIT GÄRTNER

Andreas Scheepker: „Morgen kommt der Weihnachtsmann“, Leda-Verlag, 2006, 272 Seiten, 9,90 Euro