: Flickenteppich für Raucher
Nachdem ein Gesetz zum Nichtraucherschutz im Bund offenbar scheitert, denken die Nordländer über eigene Regelungen nach. Hannover und Schwerin setzen vorerst auf freiwillige Lösungen. Die radikalsten Verfechter von Rauchverboten sind die Grünen
Von Eiken Bruhn, Esther Geisslinger, Kai Schöneberg und Elke Spanner
Nachdem eine bundeseinheitliche Regelung zum Nichtraucherschutz in Restaurants und Gaststätten offenbar nicht zustande kommt, qualmen derzeit in den Nord-Ländern die Köpfe, was nun zu tun ist. Konkrete Lösungen hat noch kein Bundesland, aber die Planungen deuten an, dass es künftig völlig unterschiedliche Regelungen geben dürfte.
Niedersachsen. Kein Anti-Raucher-Gesetz plant vorerst die schwarz-gelbe Koalition in Hannover. „Wir setzen erst mal auf die Selbstverpflichtung des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga“, sagte ein Sprecher von Gesundheitsministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU). Ähnlich denkt auch die rot-schwarze Koalition in Mecklenburg-Vorpommern. Die freiwillige Lösung wäre noch laxer als die vielfach bereits als „Kniefall vor der Raucherlobby“ kritisierten Berliner Gesetzespläne. Danach sollte in Speiselokalen ab Mitte 2007 ein gesetzliches Raucherverbot gelten, ausgenommen in separaten Räumen. Die Dehoga will dagegen erst ab Anfang 2008 ihre Wirte dazu verpflichten, in mindestens 90 Prozent der Betriebe die Hälfte der Plätze für Nichtraucher zu reservieren. Erst wenn der gute Wille nicht greift, will Niedersachsen das Rauchen in Restaurants per Gesetz regeln. Dann reichten „Absperrbänder nicht, es geht um eine wirksame räumliche Trennung“ von Rauchern und Nichtrauchern, sagte der Sprecher von Ross-Luttmann. Der Opposition ist das nicht genug. Von „Feigheit“ und „Weichspülerei“ sprach die grüne Gesundheitsexpertin Meta Jannsen-Kucz.
Bremen. Ursprünglich wollte Bremen nicht mehr auf die Freiwilligkeit der Kneipiers setzen. „Wir wollen einen effektiven Nichtraucherschutz, die Selbstverpflichtung reicht nicht aus“, sagte auch gestern eine Sprecherin der Bremer SPD-Gesundheitssenatorin. Deren Vorgängerin Karin Röpke hatte bereits vor Monaten angekündigt, notfalls im Alleingang ein gesetzliches Rauchverbot in Kneipen und Restaurants durchzusetzen. Das wird es im rot-schwarz regierten Bremen aber voraussichtlich nicht geben, da die Bremer CDU strikt dagegen ist. Deren Parlamentarier waren bereits gegen ein Rauchverbot in der Bürgerschaft. Immerhin hatte das Landesparlament am 1. August dieses Jahres ein solches für Krankenhäuser und Schulen erlassen.
Schleswig-Holstein. Auch die große Koalition im hohen Norden ist sich noch nicht einig. Auch hier sind bereits landeseigene Gebäude und Schulen Nichtraucherzonen. Im offiziell rauchfreien Landeshaus, in dem das Parlament tagt, ist die Aschenbecherdichte aber weiterhin hoch. Seine Fraktion sei für den strikten Nichtraucherschutz in Gaststätten, konnte sich aber bisher gegenüber dem Koalitionspartner nicht durchsetzen, sagte gestern der SPD-Abgeordnete Peter Eichstädt. „Wir sind bereit zu Kompromissen, etwa abgeschlossene Raucherzonen“, sagte er. Die CDU-Fraktion will dagegen erst mal eine Arbeitsgruppe einrichten. Der Christdemokrat Johann Wadephul begrüßte, dass die Frage nun bei den Ländern liege. Die Kieler FDP setzt dagegen – wie überall – auf Freiwilligkeit: Immerhin seien Gaststätten „Angebote eines privaten Gastwirts“, sagt der Liberale Heiner Garg. Nur in öffentlichen Gebäuden solle der Nichtraucherschutz konsequent umgesetzt werden. Die radikalsten Verfechter von Rauchverboten sind auch hier die Grünen.
Hamburg. Die Hansestadt tendiert offenbar zur Regelung Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns. Der Senat habe sich mit der Frage noch nicht befasst, sagte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Rico Schmidt. Es gebe „bisher keine Pläne für ein Nichtrauchergesetz“. Gesundheitssenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) sagte zwar, dass „Rauchverbote besonders geeignete Maßnahmen zum Schutz von Nichtrauchern vor den Gefahren des Tabakrauches sind“. Generell gebe der Senat aber „freiwilligen Maßnahmen zum Nichtraucherschutz mit Selbstverpflichtungscharakter den Vorrang“, sagte die Senatorin. Wenn sich darin kein Erfolg zeige, würden „weitergehende gesetzgeberische Initiativen geprüft“. Immerhin habe das Qualmverbot an Schulen bereits zu einem „messbaren Rückgang des Rauchens bei Schülern geführt“, sagte ihr Sprecher Rico Schmidt.