Neuer alter Ermittler

KRIMI Kommissar Borowski im „Stahlnetz“ (Sa., 23.20 Uhr, MDR

„Ich glaube nicht an übersinnliche Ereignisse.“ Mit diesen Worten führte sich 2002 ein gewisser Klaus Borowski in die Fernseh-, ergo Kulturgeschichte ein. Kriminalhauptkommissar Borowski, „falls Sie auf Titel Wert legen“. Borowski seinerseits legt Wert auf Fakten. Nicht aber auf die Zuneigung seiner Mitmenschen. Kollegen nimmt er als notwendiges Übel wahr, hält Distanz, hat sein eigenes Büro. Bis ihm sein Vorgesetzter Herwig Brock (Karl Kranzkowski) eine Neue an den Tisch setzt.

Für Anna Wagner (Lisa Martinek) ist es die erste Stelle im kriminalpolizeilichen Dienst, und der Beginn wird heftig: Kunstfellmantel, Kapuzenpulli, Zöpfchenfrisur – Borowski zeigt sein Missfallen und verabschiedet sich in die Kantine. „Er scheint Sie zu mögen“, unken die Kollegen. „Sehr sogar. Leute, die er nicht mag, fällt er an und zerfleischt sie.“

Diese ersten Auftritte hatte Klaus Borowski, noch schnauzbärtig, in der Folge „PSI“ der Reihe „Stahlnetz“. Ab 1999 versuchte die ARD mit der Neuauflage des TV-Klassikers, der nach dem US-Vorbild „Dragnet“ von 1958 bis 1968 für Spannung gesorgt hatte, eine dritte Krimireihe neben „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ zu etablieren.

Die Drehbücher basieren auf realen Fällen und das merkt man. Motive, Viktimologie, Kriminaltechnik sind stimmig. Nüchterne Polizeiarbeit, in der dramaturgischen und filmischen Umsetzung unter der Regie von Markus Imboden, aber dennoch spannend. Darin unterscheidet sich dieses Verbrechen von manchen, denen Kommissar Borowski nach seiner Versetzung an den „Tatort“ Kiel begegnete. Dennoch schön, dass Borowski das frühe „Stahlnetz“-Ende überlebte und sich weiterentwickeln durfte.

Obschon man heute, da er als altersmilde Vaterfigur auftritt, oft den notorischen Nörgler vermisst – erst recht, wenn man ihn im Zuge dieser Wiederholung noch einmal in seiner Urform erlebt. HARALD KELLER