: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Florian Richters Ausstellung in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik ist ein Suchspiel. Zwar stechen die großen Abzüge der Serie „Piz Gloria“ mit alpinen Landschaftsaufnahmen sofort ins Auge, doch die klein- bis mittelformatigen „Schwarzwaldbilder“ müssen inmitten der Massen der Gipsabgüsse von griechischen und römischen Skulpturen erst einmal entdeckt werden. „Piz Gloria“ zeigt schneebedeckte Bergmassive, Gletscher und Gipfel wie etwa das Matterhorn, wobei das die Topographie beherrschende Schwarzweiß in den – state of the art – in Farbe aufgenommen Panoramen besonders eindrucksvoll zur Geltung kommt. Die Schwarzwaldbilder mit ihren intensiv farbigen Lichtstimmungen würde man dagegen ohne weiteres der Kunstphotographie um 1900 zuschlagen, die sich dem Vorbild der klassischen Malerei verpflichtet sah. Es wundert also nicht, dass sich Richter auf Hans Thoma und Walter Leistikow beruft. Ob diese Hommage neuerlich aktuelle Gedankenwege und Empfindungen zur Landschaft eröffnet, scheint aber fraglich. Ähnlich verhält es sich mit Marcel van Eeden im Haus am Waldsee. Die beeindruckenden 500 Blätter aus elf Serien des Zeichners und Konzeptkünstlers beziehen ihre Motive ausschließlich aus der Zeit vor der Geburt des Künstlers (1965 in Den Haag). Grundlage dieser Entscheidung ist die Frage, wie die Welt ohne uns und nach unserem Tod ausschaut, die van Eeden retrospektiv beantwortet, indem er die Vergangenheit noch einmal visuell aufleben lässt. Das ergibt faszinierend nostalgische Bilderbögen und fragmentierte Storyboards vor allem der 40er und 50er Jahre. Was dieses stupende zeichnerische Oeuvre freilich darüber hinaus noch reaktivieren oder aktivieren könnte, erschließt sich nicht. Van Eeden macht die zeitgebundene Motivästhetik viel zu stark und bahnt zu wenige Wege ins Heute.
■ Florian Richter, Piz Gloria, Abguss-Sammlung Antiker Plastik, Schlossstr. 69b, Do-So 14-17 Uhr, bis 6. Februar ■ Marcel van Eeden, Schritte ins Reich der Kunst, Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, Di-So 11-18 Uhr, bis 30. Januar
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen