Tierfutter jahrelang gepanscht

DIOXINSKANDAL Firma gesteht Verwendung von Industriefetten zur Futtermittelherstellung. Mitarbeiter: „Wir dachten, das sei unproblematisch.“ Umfang der Dioxinbelastung unklar

BERLIN taz | Der Skandal um mit krebsgefährlichem Dioxin verseuchtes Tierfutter weitet sich aus. Der Fettlieferant Harles und Jentzsch hat eingeräumt, jahrelang Reste aus der Biodieselherstellung verarbeitet zu haben. „Wir waren leichtfertig der Annahme, dass die Mischfettsäure für die Futtermittelherstellung geeignet ist“, sagte Geschäftsführer Siegfried Sievert. Ein Mitarbeiter erklärte gegenüber der taz: „Wir dachten, das sei unproblematisch.“

Dem Mitarbeiter zufolge ist erstmals am 23. Dezember vergangenen Jahres bei einer Analyse Dioxin festgestellt und sofort Alarm geschlagen worden. Inzwischen wurden über 100 weitere Proben entnommen, ein Untersuchungsergebnis steht noch aus. Bei früheren Proben, so der Mitarbeiter, sei es niemals zu Auffälligkeiten gekommen. Da diese nach seinen Angaben einmal im Quartal gezogen wurden, wäre es im schlimmsten Fall möglich, dass über drei Monate hinweg dioxinverseuchtes Hühnerfutter an die über 1.000 betroffenen Bauernhöfe gelangt ist. Die betroffenen Betriebe sind gesperrt.

Verbraucherschützer gaben gestern eine vorsichtige Entwarnung. Der einmalige Verzehr eines belasteten Eis sei unbedenklich, sagte ein Experte vom Bundesinstitut für Risikobewertung der taz. Erst ein dauerhafter Verzehr könnte gefährlich werden. Es blieb gestern unklar, wie viele Tiere das entsprechende Futter gefressen haben. Nach ersten Ergebnissen aus Niedersachsen gab es in 15 von 18 Betrieben Entwarnung. Aus Sachsen wurde bekannt, dass dioxinbelastetes Geflügelfleisch möglicherweise Anfang Dezember in den Handel gelangt ist. In Nordrhein-Westfalen wurden 8.000 Legehennen getötet. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe nahm Ermittlungen gegen Harles und Jentzsch auf.

Der Fettlieferant hatte die Mischfettsäuren über einen niederländischen Händler bei der Emdener Firma Petrotec bezogen. Dort wies man darauf hin, dass das gelieferte Material allein zur technischen Verwendung und nicht für die Produktion von Viehfutter bestimmt gewesen sei. Die Firma sprach von einem Missbrauch ihrer Produkte. KLH

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