Verbraucher werden schwächer

Die Zurückweisung des Informationsgesetzes durch den Bundespräsidenten Horst Köhler trifft auf die Kritik des Umweltrechtssexperten Michael Zschiesche

BERLIN taz/dpa/afp ■ Die Zurückweisung des Verbraucherinformationsgesetzes durch Bundespräsident Horst Köhler ist beim Umweltrechtsexperten Michael Zschiesche auf Kritik gestoßen. „Das ist eine klare Schwächung des Verbraucherrechts“, sagte er der taz. Zschiesche ist beim Unabhängigen Institut für Umweltfragen in Berlin zuständig für den Bereich Umweltrecht und Bürgerbeteiligung.

Köhler hatte am Freitag die Unterzeichnung des Gesetzes verweigert und das Verbraucherinformationsgesetz blockiert. Eine solche Regelung verstoße seit der Föderalismusreform gegen die Verfassung, argumentierte er. Konkret laufe es dem Artikel 84 des Grundgesetzes zuwider, der dem Bund verbietet, per Gesetz den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben zu übertragen. Das Gesetz sollte helfen, Lebensmittelskandalen vorzubeugen und Verbrauchern besseren Zugang zu Informationen zu verschaffen. So sollten sich künftig Kunden besser über die Verursacher von so genannten Gammelfleischskandalen, aber auch anderer Gesundheitsgefährdungen informieren können. Über die Behörden sollten Kunden von den Firmen Auskunft über Produkte und ihre Zusammensetzung, aber auch über mögliche Risiken erhalten. Kritiker hatten jedoch moniert, dass Firmen unter Verweis auf Geschäftsgeheimnisse oder wirtschaftliche Interessen nicht zu einer Auskunft verpflichtet sind.

Auch Zschiesche hält dem Gesetzentwurf mit Blick auf die Verbraucherrechte für „relativ schwach“. Und Köhler sei an die Verfassung gebunden. Doch in diesen Fragen gehe es oft um Interpretationen des Rechts. Und es sei fragwürdig, dass sich Köhler ein Gesetz ausgesucht habe, dessen Gegenstand ihm weniger nah ist als zum Beispiel Arbeitsmarktreformen. Durch seinen „Tritt auf die Bremse“ sorge Köhler für Verzögerungen bei dem Versuch, bundesweite Standards unter anderem für die Lebensmittelkontrolle einzuführen.

Erleichtert zeigten sich hingegen die Vertreter der Kommunen. Die Städte könnten es nicht hinnehmen, „wenn der Bundesgesetzgeber die Neuregelung durch die Föderalismusreform ignoriert, wonach der Bund den Kommunen Aufgaben nicht mehr direkt übertragen darf“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Stephan Articus, in Köln. Zugleich bekannte er sich inhaltlich ausdrücklich zu den „berechtigen Belangen des Verbraucherschutzes“, die mit dem Gesetz durchgesetzt werden sollten.

Der Städtetag erwartet für die nun anstehende Korrektur des Gesetzes schwierige Kostenverhandlungen mit den Bundesländern. Denn diese müssten bei der Überarbeitung den Kommunen die erforderlichen finanziellen Mittel für die zugewiesenen Aufgaben aus dem Gesetz zur Verfügung stellen. STEP