Streit mit der Schweiz belastet Strauß-Prozess

In Augsburg beginnt heute die Neuauflage des Prozesses gegen Max Strauß. Der BGH hatte das Urteil des Landgerichts im vergangenen Jahr gekippt. Nun könnten Differenzen mit der Schweiz die Beweisführung weiter erschweren

MÜNCHEN taz ■ Es geht noch mal von vorne los: Von heute an muss sich Max Strauß wieder vor dem Augsburger Landgericht wegen Steuerhinterziehung verantworten. Bereits im Juli 2004 war der heute 47-Jährige deswegen vom selben Gericht zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil 2005 aber aufgehoben.

Im neuen Verfahren wird wohl die CSU als möglicher Schmiergeldempfänger stärker ins Visier genommen, zugleich gilt es, diplomatische Verwerfungen mit der Schweizer Justiz zu lösen. Das Landgericht hatte im ersten Prozess festgestellt, dass Strauß Anfang der 90er-Jahre an Vermittlungen im internationalen Flugzeug- und Waffenhandel beteiligt war. Der Lobbyist Karlheinz Schreiber habe Strauß insgesamt 5,2 Millionen Mark als Provision auf ein Schweizer Treuhandkonto mit der Bezeichnung „Master/Maxwell“ überwiesen. Obwohl Strauß keine direkte Auszahlung nachgewiesen werden konnte, urteilte das Gericht 2004, Strauß habe eine gewerbliche „Lobbyistentätigkeit“ betrieben. Deren Erlöse – eben die in der Schweiz geparkten 5,1 Millionen Mark – seien steuerpflichtig gewesen.

Der BGH hob dieses Urteil auf und verwies es zur Neuverhandlung zurück nach Augsburg. Nach Ansicht des BGH ist das Treuhandverhältnis zwischen Schreiber und Strauß nicht bewiesen. Zudem sei zweifelhaft, ob Strauß überhaupt als „gewerblicher“ Lobbyist tätig gewesen sei. Schließlich sei ihm nur bei einem Deal eine Vermittlungstätigkeit nachzuweisen – und zwar beim Verkauf von Airbus-Flugzeugen nach Thailand.

Interessant sind auch zwei weitere Rügen des BGH, die heute und an den 41 weiteren Verhandlungstagen genauer untersucht werden müssen: Die Richter bemängelten, es sei nicht ausgeschlossen, dass ein Teil der Provisionen vom Vater des Angeklagten „verdient“ wurde und das Geld dann „gleichsam im Wege der Erbfolge“ an den Angeklagten weitergereicht worden sei. Dafür spreche, dass das Schweizer Konto erst auf „Master“ und dann auf „Maxwell“ gelaufen sei. Der Vater des Angeklagten – Franz Josef Strauß – war Ministerpräsident, CSU-Chef und hatte den Flugzeughersteller Airbus maßgeblich aufgebaut. Nach Ansicht des BGH scheint es ebenfalls „nicht völlig ausgeschlossen“, dass die Gelder auf dem „Master/Maxwell“-Konto „für eine Unterstützung der CSU bestimmt gewesen sein könnten“. Die Schwesterpartei CDU hatte 1991 erwiesenermaßen von Schreiber eine Millionenspende in bar überreicht bekommen.

Schreiber, die Hauptfigur der Schmiergeschäfte, war vor sieben Jahren nach Kanada geflüchtet und wehrt sich seitdem mit geschickten Rochaden gegen eine Auslieferung nach Augsburg. Als Schreibers Helfer standen neben Strauß bisher zwei Mannesmann-Manager sowie der ehemalige Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls vor Gericht. Pfahls wurde im vergangen Jahr als bisher einziger rechtskräftig zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Alle Angeklagten, auch Max Strauß, könnten von einem juristischen Streit zwischen der Schweiz und Deutschland profitieren. Das Schweizer Bundesamt für Justiz hatte in den letzten Tagen beklagt, Deutschland habe beim Rechtshilfeersuchen im Rahmen der Schreiber-Prozesse ungenügende Angaben gemacht. Möglicherweise seien die Unterlagen für dieses Verfahren zu Unrecht übergeben worden.

Eine Entscheidung in dieser Angelegenheit steht noch aus: Der BGH hatte schon bei seiner Strauß-Revision festgestellt, dass die Schweizer Kontounterlagen verwendet werden dürfen; die Schweizer Justiz teilte dagegen mit, dass ihr Standpunkt „diametral unterschiedlich“ sei.

MAX HÄGLER