Schutz gilt auch für Christen

Sternsinger können nicht mehr ungehindert für Kinder sammeln

VON STEFAN ALBERTI

Ich verabscheue, was Sie sagen. Aber ich werde Ihr Recht, es zu sagen, bis zum Tod verteidigen.“ Vor fast 300 Jahren hat das ein gewisser François-Marie Arouet gesagt, bekannt als Voltaire. Diese Haltung ist hier leider nicht überall angekommen, trotz Voltaires Freundschaft mit Friedrich II. Das zeigt sich erneut am Beispiel der Sternsinger, die nicht ungestört für Kinder-Hilfsprojekte sammeln können.

Um in der Hauptstadt der Atheisten auf Nummer sicher zu gehen: Die Sternsinger sind Kinder aus Kirchengemeinden, die sich um den 6. Januar herum als jene drei Könige verkleiden, die der Bibel zufolge dem Kind in der Krippe Gold, Weihrauch und Myrrhe schenkten. Sie bringen Neujahrsgrüße und schreiben die Buchstaben CMB über die Haustür – „christus mansionem benedicat“, Christus segne dieses Haus – nicht etwa Caspar, Melchior und Balthasar, deren Namen im Evangelium gar nicht auftauchen.

Genug der Gedächtnisstütze. Genau diese Grüße können die Sternsinger immer öfter nicht überbringen, ohne dumm angemacht zu werden. Erwachsene sollen sogar handgreiflich geworden sein. Wo bleibt denn da gegenüber der kleinen Gruppe praktizierender Christen die sonst so gerühmte Toleranz?

Der Aufschrei bleibt aus

Wieso ergeht dazu nicht ein genauso lauter Aufschrei wie bei ebenso wenig hinzunehmenden Übergriffen auf andere Minderheiten? Da scheint eine kirchenfeindliche Stimmung durch, die schon beim Volksbegehren „Pro Reli“ spürbar war. Weil sich gerade der Mord an Rosa Luxemburg jährt, sei für alle die, die es mit Voltaire nicht so haben, an ihre Worte erinnert: „Freiheit ist auch immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

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