berliner szenen Auf Station

November im Dezember

Der Stationsflur war schmal. Die Geräusche darin hallten. Auf einem Tisch an der Wand standen Thermoskannen mit Kaffee und Tee. Wir gingen in das Raucherzimmer. Das war ein kleines, fensterloses Quadrat in Brauntönen. Gemütlich war woanders. Eine Patientin und ihr Besucher saßen dort und rauchten. Der Tisch war voller Asche und Tabakkrümel. Wahrscheinlich war kurz zuvor der Aschenbecher umgefallen. Das Zimmer sah aus wie ein Verhörraum aus einem osteuropäischen Film. Ein Pfleger kam. Ihm war der Zustand des Raums wohl peinlich. Er sagte, wir könnten auch woanders, auf der Terrasse, rauchen. Während der Tag dunkler wurde, saßen wir – in meinem gefühlten Vormittag ja eigentlich noch – an diesem feuchten Holztisch dann dort draußen. Es fühlte sich ernst an.

Viel redeten wir nicht. Wie ein guter Gastgeber setzte sie sich ganz selbstverständlich auf den schlechteren Platz; da, wo manchmal nasse Luft hinwehte.

Wir schauten aus dem ersten Stock auf den Hof. Einige Bäume streckten ihre nackten, schwarzen, schmalen Äste nach oben. Es war ein grauer nasser Novemberabend Anfang Dezember. Ich sagte, genau so ist der typische Berliner Winter. Sie sagte, aber es ist doch noch warm.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, was ich fragen sollte, und sie sagte, jetzt fiele ihr auch nichts mehr ein. Dann klingelten wir und gingen wieder auf die Station. In einem Raum saß ein Patient an einem Computer und e-mailte wohl. Im warm und optimistisch gestrichenen Aufenthaltsraum sprach mich eine lustig lächelnde Frau an. Ich bin Soundso. Wie heißt du denn? Und ob ich was zu kiffen dabeihätte. – Nö, hätte ich nicht. Dann ging ich mit meinem Fahrrad zusammen nach Hause. DETLEF KUHLBRODT