ausgehen und rumstehen
: Luxa oder Doch nicht alles schlecht

Ach, Ausgehen und Rumstehen und Rumstehen und Ausgehen, es ist doch immer dassselbe! Man läuft, trottet, stolpert und schleicht durch die Stadt, nimmt starke und schwache Getränke zu sich, strengt sich an, gibt alles – doch Rauschwerte und Erkenntnisgewinne bewegen sich oft auf recht enttäuschendem Niveau.

Wahres Leben findet man dann doch immer eher an den Rändern. Wer in einer Freitag-oder Samstagnacht schon etwas müde ist und das Gefühl hat, noch nicht so richtig was erlebt zu haben, der sollte zum Luxa-Imbiss am Rosa-Luxemburg-Platz gehen. In einer ehemaligen Cocktailbar in der Torstraße haben sich die früher in der benachbarten Outdoor-Area tätigen kurdischen Gastronomen eingerichtet. Hier herrscht ein reges Treiben – man fragt sich, wo all diese Gestalten herkommen, denn auch White Trash, 8mm-Bar und Kaffee Burger zusammen können so einen Menschendurchlauf nicht hervorgerufen haben.

Sehr schön ist es anzusehen, wie praktisch alle mehr oder weniger betrunken hereinstolpern und sich verschiedenster Strategien bedienen, um ihre Gangstörungen und Schwankungen auszugleichen. Die Gruften vom benachbarten „Cathedral“ mit ihren schwarzen Lippen und verdornten Augen sind ernst und bleich. Sie können ihr Betrunkensein unter ihren dunklen Mänteln sehr gut als gothictypische, hospitalistische Tanzbewegung kaschieren. Schwerer haben es da die halb seriös wirkenden Midlifecrisismänner, die sich aufrecht wie Kapitäne bei schwerem Seegang an der Imbisstheke festhalten, während ihr typisch entgleister Gesichtsausdruck sowieso alles verrät.

Spanische Touristinnen tanzen ein bisschen auf der Stelle, recht körperbetont gekleidete Mädchen schwirren im Viertelstundentakt herein, um nach einem gewissen „Schatzi“ hinterm Tresen zu schauen. Dazu hört man palästinensischen Crossover-Hiphop und Hisbollah-Ambient. Und dann, als gerade alles plötzlich doch wieder recht normal scheinen will, reißen lange Gestalten mit Hühnermasken und Plastikdolchen die Tür auf, stürmen zum Tresen und mischen den Laden spaßeshalber ein bisschen auf. Plötzlich denkt man: Es ist doch nicht alles schlecht in Berlin.

Die Kleider muss man nach so einer Luxa-Nacht leider wegwerfen oder in mehreren Intensivwaschgängen geruchsneutralisieren, aber was soll’s? „Umsonst ist der Tod, und der kostet das Leben“, heißt es ja so schön in einem badisch-existenzialistischen Sprichwort. CHRISTIANE RÖSINGER