Außen hui, innen pfui

Ökonomen fordern neue EU-Wirtschaftspolitik

BERLIN taz ■ Nach außen ökonomisch und politisch aggressiv, nach innen unterwegs in immer größere soziale Ungleichheit – vereinfacht: außen hui und innen pfui. So beschreibt das gestern in Brüssel vorgestellte „Euromemorandum 2006“ die Wirklichkeit der Europäischen Union vor der deutschen Ratspräsidentschaft, die am 1. Januar beginnt. „Das wäre ein guter Zeitpunkt, die Weichen für die Wirtschaftspolitik anders zu stellen“, sagte Mitautor Jörg Huffschmid im Namen der 300 Ökonomen, die das Papier unterzeichnet haben.

Besondere Aufmerksamkeit widmen die Experten der wachsenden Unsicherheit in der EU. Sie zeigen auf, dass die Arbeitsbedingungen prekärer geworden sind und die Armut bei Arbeitslosen wie bei Beschäftigten zugenommen hat. So gebe es in der EU 14 Millionen Menschen, die trotz Arbeit ebenso wenig über die Armutsgrenze kommen wie 20 Prozent der Kinder und 18 Prozent der über 64-Jährigen. Demgegenüber besaßen 2005 die 2,5 Millionen Millionäre in der EU 60 Prozent aller institutionell verwalteten Vermögen. Besonders krass ist die Ungleichheit in den neuen Mitgliedstaaten, wo auch hohes Wachstum weder die Arbeitslosigkeit verringert noch zu gerechterer Einkommensverteilung geführt hat.

Die Ökonomen fordern deshalb eine Neuausrichtung der EU-Wirtschaftspolitik an Zielen wie Vollbeschäftigung, sozialer Wohlfahrt und Gerechtigkeit. Dazu gehörten die Entwicklung von Mindeststandards für die Sozialausgaben, kürzere Wochenarbeitszeiten und eine Finanzmarktpolitik, die sich nicht ausschließlich dem Schutz der Aktionäre verpflichtet fühlt. BW

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