… GERHARD SCHRÖDER?
: Das Abgeordnetenhaus spalten

Feierlich und würdevoll hatte Walter Momper (SPD), Präsident des Abgeordnetenhauses, den Festakt geplant: 20 Jahre frei gewähltes Gesamtberliner Parlament nach der Wiedervereinigung, gefeiert am kommenden Dienstag in der Nikolaikirche, unweit des Roten Rathauses. Ein Streichquartett wurde eingeladen, Gedichte von Christa Wolf und Stefan Heym sollen vorgetragen, einem Grußwort Mompers und einer Rede des Berliner Verfassungsgerichts-Präsidenten gelauscht werden. Der Höhepunkt aber: Festredner Gerhard Schröder, seines Zeichens Aufsichtsratschef eines Gazprom-Pipeline-Projekts, enger Bekannter eines russischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler a. D.

Die hiesige Opposition findet Mompers Ehrengastwahl „tendenziös“, wie der Tagesspiegel meldet. Was bitte habe Schröder mit der Einheit und dem Berliner Parlament zu tun, wollen CDU und FDP wissen. Und habe der SPD-Mann nicht in den Achtzigern die Geraer Forderungen von DDR-Obergenosse Honecker nach einer deutsch-deutschen Zweistaatlichkeit unterstützt? Auch die Grünen stimmen in den Chor der Skeptiker ein: Das Festprogramm sei doch etwas „koalitionär gefärbt“. Und hätten nicht auch die DDR-Schriftsteller Wolf und Heym eine Reform-DDR statt Wiedervereinigung gefordert?

Walter Momper mag die Aufregung nicht verstehen. Schröder werde über den Tellerrand der Stadt hinaus die Wiedervereinigung beleuchten, über „Berlin und die Zukunft Europas“ sprechen. Auch habe sich Schröder stets für Berlin als Hauptstadt eingesetzt, erinnert Momper. Und: Das Programm sei von allen Fraktionschefs abgesegnet worden. Darum bleibe es dabei: Schröder werde kommen und sprechen. Und der Ehrengast selbst? Lässt ausrichten, sich nicht „zu dieser landespolitischen Kontroverse“ äußern zu wollen. KO Foto: dapd