Jetzt vertragt euch aber wieder!

Solidaritätsbesuche beim koptischen Weihnachtsfest

von Alke Wierth

Es ist toll, wenn nach Anschlägen auf religiöse Gemeinschaften sofort und spontan Solidarität auch und gerade von Andersgläubigen gezeigt wird. Dass nach dem Anschlag auf koptische Christen in Ägypten Berliner Muslime am Weihnachtsgottesdienst der hiesigen Kopten teilnahmen, ist ein gutes und schönes und damit ein richtiges Zeichen. Dennoch hinterlässt die vom Integrationsbeauftragten Günter Piening organisierte Aktion einen bitteren Beigeschmack.

Denn sie kann nur vor dem Hintergrund des Dauermisstrauens gegenüber deutschen Muslimen betrachtet werden. Dieses führt zu den gebetsmühlenhaft wiederholten Forderungen nach Distanzierung von Terror, von Gewalt und Diskriminierung Andersgläubiger, die an Muslime gestellt werden. Doch die haben die muslimischen Verbände längst umfassend geleistet. Zudem sind sie in jüngster Zeit selbst Opfer von Terror, aber bisher nie Täter gewesen: Sechs Brandanschläge wurden in den vergangenen Monaten auf Moscheen in Berlin verübt.

Bevormundungspädagogik

Hier soll nun aber nicht die Frage gestellt werden, wo da denn die christlichen Solidaritätsbezeugungen waren – wir wollen uns dem Distanzierungszwang ja gerade nicht anschließen. Er hat nämlich etwas sehr Bevormundendes: wie bei Kindern, die sich gestritten haben und von den Großen dann gezwungen werden, sich die Hand zu geben und sich „nun aber wieder schön zu vertragen“. Wer Muslime als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft ernst nimmt, hört mit solcher Pädagogik besser auf.